NRW: Sprunghafter Anstieg der Beschwerden gegen GEZ-Gebühr
Archivmeldung vom 04.02.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer Unmut über die neuen Rundfunkgebühren erreicht den NRW-Landtag. Der Petitionsausschuss verzeichnete seit Jahresbeginn einen sprunghaften Anstieg von Bürgerbeschwerden über den neuen GEZ-Beitrag. Allein im Januar seien 51 Petitionen eingegangen, bestätigte ein Landtagssprecher gegenüber der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung".
Im gesamten vorangegangenen Halbjahr 2012 seien es nur 69 Eingaben gewesen. Beschwerden gibt es vor allem von Behinderten, die vor der Gebührenreform von der GEZ befreit waren und jetzt zahlen sollen. Verärgerung gibt es auch in Haushalten, die das öffentlich-rechtliche Medienangebot kaum nutzen, aber voll zur Kasse gebeten werden.
Die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Rita Klöpper (CDU), kündigte die Prüfung aller Fälle an. Bislang hatten sich vor allem Kommunen und Unternehmen beschwert. Der NRW-Landtag hatte dem neuen Rundfunkstaatsvertrag mit großer Mehrheit zugestimmt.
Erzbistum Köln kritisiert neue Rundfunkgebühr
Das größte deutsche Erzbistum unter Joachim Kardinal Meisner kritisiert den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. "Es ist zu beklagen, dass der Beitragsservice sich nicht an den eindeutigen Wortlaut des Paragrafen Sechs Absatz Eins des Rundfunkgebührenstaatsvertrages hält", antwortet die bischöfliche Verwaltung auf eine Anfrage der "Welt am Sonntag". "Den Versuch, für jeden Kindergarten, jedes Pfarrhaus, jede Bücherei und jeden Jugendraum, ob mit oder ohne Beschäftigte, eine eigene Gebühr zu generieren, weisen wir als gesetzeswidrig zurück."
Bislang waren etwa Kindergärten und andere gemeinnützige Betriebe der katholischen Kirchengemeinden von der Beitragspflicht befreit. Seit dem 1. Januar 2013 jedoch wird je nach Beschäftigtenzahl der volle Beitragssatz von 17,98 Euro fällig - das trifft im Einflussbereich des Kölner Kardinals allein rund 600 Kindergärten. "Das Erzbistum Köln rechnet mit einem deutlichen Anstieg der Gebühren, jetzt Beiträge", erläuterte Bistumssprecher Christoph Heckeley der Zeitung. "Für die zentrale Verwaltung steigen die Kosten auf etwa 160 Prozent des bisher Gezahlten. Auch für die Kirchengemeinden gehen wir von einem fühlbaren Anstieg aus."
In dem Streit geht es um die Auslegung des Paragrafen Sechs des Rundfunkstaatsvertrages, der besagt, dass mehrere "Raumeinheiten auf einem Grundstück, die demselben Inhaber zuzurechnen sind, als eine Betriebsstätte" gelten. Aus Sicht der Kirche würde also für Kindergarten, Pfarrbüro und Bibliothek nur ein Beitrag fällig, sofern sie nebeneinander liegen.
Das sehen die Rundfunkanstalten anders: "Pfarramt und Kindergarten als Beispiel sind nach Ansicht der Rundfunkanstalten Betriebsstätten, die jeweils einem eigenständigen Zweck dienen", erklärt SWR-Justiziar Hermann Eicher auf Anfrage der "Welt am Sonntag"."Aus der Gesetzesbegründung zum Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ergibt sich eindeutig, dass nur solche Betriebsstätten auf einem Grundstück zusammengefasst werden können, die "zum gleichen Zweck" im Sinne von Haupt- und Nebengebäuden genutzt werden. Das ist bei einem Kindergarten und bei einemPfarramt eben gerade nicht der Fall."
Den Vorwurf, der Beitragsservice gehe gesetzeswidrig vor, weist Eicher "entschieden zurück". Bei Verhandlungen im Vorfeld seien auch das Kirchenamt der Evangelischen Kirche Deutschlands sowie der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) anderer Auffassung als die Sender gewesen, gibt Eicher zu. EKD und VDD waren vor Redaktionsschluss nicht mehr für eine Stellungnahme zu erreichen.
Das Erzbistum klagt, die öffentlich-rechtlichen Gebühreneintreiberwürden ihre Interpretation des Staatsvertrags einseitig durchsetzen: "Der Beitragsservice versucht nun, bei den einzelnen Einrichtungen getrennte Meldungen zu erreichen, oder rechnet selbstständig getrennt ab."
Ähnliche Proteste waren in dieser Woche außer von der Stadt Köln bereits von vielen weiteren Kommunen sowie deren Verbänden gekommen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur