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Ex-ZDF-Chefredakteur: Merkel soll Aufseher aus Sendern zurückziehen

Archivmeldung vom 30.10.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.10.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Nikolaus Brender, 2005 während einer Podiumsdiskussion zum Thema Die Macht der Bilder während der Ausstellung X für U – Bilder, die lügen
Nikolaus Brender, 2005 während einer Podiumsdiskussion zum Thema Die Macht der Bilder während der Ausstellung X für U – Bilder, die lügen

Foto: Nikolaus Brender bei einem Vortrag des ZDF in Mainz
Lizenz: GFDL
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Der langjährige Chefredakteur des ZDF, Nikolaus Brender, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgefordert, den Einfluss von Politikern auf die öffentlich-rechtlichen Sender im anstehenden Wahljahr 2013 zu beschneiden. In der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" appellierte er an die Kanzlerin in einem offenen Brief: "Ergreifen Sie die Initiative zum Rückzug aller Politiker aus den öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien im Wahljahr 2013."

Brender begründete seinen Vorstoß mit der Praxis in der Wirtschaft: "In gut geführten Unternehmen verzichten Aufsichtsratsmitglieder bei Befangenheit auf Sitzungsteilnahme und Abstimmung." Brender war Chefredakteur des ZDF von 2000 bis 2010. Nach Ansicht Brenders sind Politiker zu keinem Zeitpunkt "parteiischer und zu unbefangener Kontrolle ungeeigneter als in Zeiten des Wahlkampfes". Die Besetzung der Aufsichtsgremien mit Parteipolitikern schade "sowohl dem Ansehen der öffentlich-rechtlichen Sender wie auch der Politik".

Mehr als 40 aktive und ehemalige Politiker allein beim ZDF hätten "mehr die Interessen ihrer Parteien als die der Allgemeinheit im Blick", auch wenn es Ausnahmen gebe. "Auch Sie, Frau Bundeskanzlerin, sind mit drei Ministern gut vertreten und haben kürzlich Ihre engste medienpolitische Beraterin Christiansen zur Kontrolle geschickt."

An die Adresse von Merkel gerichtet, schrieb Brender: "Das Fiasko um den CSU-Parteisprecher Strepp sollte Ihnen eine Warnung sein." Hans Michael Strepp hatte nach einem umstrittenen Anruf bei der "heute"-Redaktion des ZDF seinen Rücktritt erklärt, weil ihm politische Einflussnahme vorgehalten worden war. Es gebe "keine Bundestagswahl, keine Bayernwahl, zu denen die Generalsekretäre der CSU den mit Politikern überfüllten Chefredaktionsausschuss des ZDF (...) nicht mit zeitraubenden, zermürbenden, programm- und ergebnislosen Politdebatten überziehen", kritisierte Brender. "Das Ziel solcher Interventionen ist klar: die Verunsicherung der Programmmacher."

Den CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer griff Brender wegen dessen Formulierung an, die bayerische Landtagswahl im kommenden Jahr sei "die Mutter aller Schlachten". In dem offenen Brief schreibt er: "Sie wissen, Frau Bundeskanzlerin, wer diesen Schlachtruf ausgab und vor welcher Schlacht?"

Brender weiter: "Saddam Hussein hatte vor dem zweiten Golfkrieg den Alliierten mit ihrem Untergang gedroht, sollten sie es wagen, sein Regime anzugreifen. Das Ergebnis ist nicht nur Ihnen bekannt." 2009 hatte es der überwiegend mit Unionspolitikern besetzte ZDF-Verwaltungsrat abgelehnt, Nikolaus Brenders Vertrag als Chefredakteur über 2010 hinaus zu verlängern.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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