Pleitgen: Tötung von Journalisten international wie Kriegsverbrechen ächten
Archivmeldung vom 28.10.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIntendant Fritz Pleitgen hat sich besorgt gezeigt, dass immer mehr Journalisten bei der Berichterstattung über Krieg und Konflikte ums Leben kommen. Reporter würden quasi als Kriegspartei betrachtet. Als Beobachter wolle man sie nicht haben. Deshalb würden sie immer häufiger ausgeschaltet, so Pleitgen heute bei der 3. Internationalen Sicherheitskonferenz in Düsseldorf.
Es sei aber
unumgänglich, dass Journalisten über Kriege berichteten. Geschehen
von so elementarer Bedeutung dürften vor der Weltöffentlichkeit nicht
verborgen bleiben. Zum Schutz von Journalisten müssten diejenigen,
die sie entsenden, alles unternehmen, zum Beispiel durch ein
entsprechendes Training. Aber auch politisch sollte dafür gesorgt
werden, dass die Tötung von Journalisten international wie
Kriegsverbrechen geächtet würden. Pleitgen bezeichnete eine von oben,
von Regierungen eingeschränkte oder unterdrückte Information als
kontraproduktiv. Dies sorge für Unsicherheit, unterminiere und
zerstöre das Vertrauen der Bevölkerung in das eigene System. Als
ehemaliger Korrespondent in der Sowjetunion und der DDR wisse er,
wovon er rede: „Nur eine umfassend und tief informierte Gesellschaft,
die über das Für und Wider Bescheid weiß, hat eine gute Zukunft.“
Eine neue Dimension von Medien und ihrer Rolle in Konflikten habe
sich im letzten Irakkrieg vor zweieinhalb Jahren entwickelt. In-
zwischen hätten US-Medien wie die angesehene New York Times und die
Washington Post, aber auch Kollegen großer Fernsehsender
eingestanden, in ihrer Rolle als kritische Kontrolleure der Regierungspolitik weitgehend versagt zu haben. In Europa sei der
Angriff auf den Irak von vornherein umstritten gewesen. Zudem hätten
ARD und ZDF ihre „Kosovo-Lektion“ gelernt und berichteten über den
jüngsten Angriff auf den Irak vielfältig, hintergründig und
differenziert. Eindeutig bejahte Pleitgen die Frage, ob Medien mit
ihrer Berichterstattung über Krisensituationen die öffentliche De-
batte beeinflussen sollten: „Davon können wir uns gar nicht frei-
machen, selbst wenn wir es wollten.“ Eine auf schockierende Bilder
und Geschichten setzende Berichterstattung lehnte Pleitgen ab.
Medien, die differenziert berichteten, könnten dagegen gerade in
Krisenzeiten das gegenseitige Verständnis fördern.
Quelle: Pressemitteilung WDR