Samuel Koch: Beim Schreiben immer in Bewegung
Archivmeldung vom 27.02.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićSamuel Koch (33), Autor und Schauspieler, kann nicht still sitzen, wenn er ein Buch schreibt. "So absurd es klingt, ich schreibe immer in Bewegung", sagte Koch im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).
Der 33-Jährige ist seit seinem Unfall in der ZDF-Show "Wetten, dass..?" 2010 vom Hals abwärts gelähmt. Schon früher beim Abitur habe ihn genervt, dass er still sitzen musste. "Heute benutze ich ein Lauffahrrad, ein Handfahrrad und einen Stepper", zählte Koch auf. In den Stepper könne er seine Arme einspannen und die Stepp-Geschwindigkeit einstellen. "Aber im Grunde werde ich gesteppt", sagte Koch. Zum Schreiben nutze er zudem eine Diktiersoftware und Sprachassistenten.
Am 5. März erscheint das Kinderbuch "Das Kuscheltier-Kommando", das Koch zusammen mit seiner Frau Sarah Koch verfasst hat. Das Ehepaar habe sich beim Schreiben wunderbar ergänzt. "Ich bin derjenige, der stunden- oder tagelang über Formulierungen nachdenken kann. Meine Frau ist eher ,zack, zack'. Jeder hatte seinen Part", so Koch.
Während der Arbeit an einem Buch ist Koch quasi rund um die Uhr damit beschäftigt. "Die Stoffsammlung, die Recherche, die Überlegungen, das ist ein Prozess, der Tag und Nacht stattfindet. Man wacht mit Gedanken auf und schläft mit ihnen ein", schilderte Koch. Dabei falle es ihm schwer, ein Ende zu finden: "Wenn es keine Abgabefristen gäbe, würde das Buch nie fertig. Es gibt immer noch so viel zu sagen über die Menschen und das Leben", so der Autor. Denn Koch will alle Menschen ansprechen. "Habe ich den Islam bedacht, die Perspektive von Alten und Sterbenden, identifiziert sich der junge ALS-Kranke damit?", zählte er auf. "Wenn mir nicht ein Lektorat oder Verlag auf die Finger hauen würde, würde ich mich in solchen Fragen gedanklich verlieren."
Im Buch "Das Kuscheltier-Kommando" fühlt sich Teddybär Pollo nach dem Verlust seines Armes nutzlos. Zwar sei die Geschichte von Pollo nicht in Zusammenhang mit seiner persönlichen Geschichte entstanden, sagte der Autor. Allerdings kenne er dieses Gefühl aus der Zeit nach seinem Unfall: "Natürlich habe ich mich gefragt, was ich noch wert bin in unserer schnellen Leistungsgesellschaft. Für mich war mit das Schlimmste, wenn direkt vor mir etwas heruntergefallen ist und ich unbeweglich herumsaß", erinnerte sich Koch.
Mittlerweile hat der 33-Jährige eine Antwort auf die Frage gefunden, was er wert ist: "Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich unabhängig von meiner Nützlichkeit etwas wert bin, einfach, weil ich da bin." Auch über Säuglinge könne man nicht sagen, dass sie nützlich seien. Aber sie seien wertvoll - egal ob sie Narben haben, ob sie sehen können oder laufen werden. "Das Leben wäre ganz schön arm, wenn der Verlust eines Arms es nicht mehr lebenswert machen würde", bilanzierte Koch.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)