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Medienindustrie instrumentalisiert Strafverfolger

Archivmeldung vom 28.02.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.02.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Medienindustrie überflutet bundesweit die Staatsanwaltschaften mit Strafanzeigen gegen Tauschbörsenbenutzer. Die Kosten der Ermittlungen trägt der Steuerzahler, während Rechteinhaber und auf Abmahnungen spezialisierte Anwälte davon profitieren, so das Computermagazin c't.

Mit Strafverfolgung im Sinne des Gemeinwohls habe die von der Medienindustrie betriebene Strafanzeigenmaschinerie oft nicht mehr viel gemein, sagte Staatsanwalt Thomas Köhler aus dem thüringischen Mühlhausen zu c't. Sein eigentliches Aufgabengebiet, Wirtschaftsdelikte zu bearbeiten, leide darunter. Hintergrund ist das weltweit fast einmalige Abmahnrecht. Rechtsanwälte können hierzulande mit Abmahnungen viel Geld verdienen.

Um an die Namen und Adressen von Tauschbörsennutzern zu gelangen, erstatten die Anwälte massenweise Strafanzeigen gegen Unbekannt. Die Staatsanwälte sind verpflichtet, den Bagatelldelikten nachzugehen und anhand von IP-Adressen die  Kundendaten von den Internet-Providern einzuholen. Diese stellen dafür in jedem einzelnen Fall bis zu 40 Euro Bearbeitungsgebühr in Rechnung. Zu einer Anklage kommt es so gut wie nie, aber die Rechtsanwälte können Akteneinsicht nehmen und sich so die gewünschten Adressen beschaffen, um ihre Abmahnungen zu versenden.

Sogar die US-amerikanische Pornoindustrie hat diese Methode für sich entdeckt und nutzt sie mittlerweile weidlich aus. "Meiner Ansicht nach werden wir in diesen Fällen dazu benutzt, die ökonomischen Interessen der US-amerikanischen Pornoindustrie durchzusetzen, und das auf Kosten der deutschen Steuerzahler", so Staatsanwalt Thomas Köhler.

Provider wie Arcor oder Hansenet tauchen in den Akten nicht auf - sie registrieren die IP-Adressen nicht. Die Telekom hingegen speichert sieben Tage lang, welcher Kunde wann im Internet unterwegs war. Im Zuge der Vorratsdatenspeicherung müssen alle DSL-Provider von 2009 an diese Daten sechs Monate lang vorhalten. "Es ist abzusehen, dass die Belastung der deutschen Strafverfolgungsbehörden durch Bagatellsachen, die nur auf das Abgreifen der Adressen abzielen, noch wachsen wird", so c't-Redakteur Holger Bleich.

Quelle: c't

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