APR: Bundesweites TV darf Lebensgrundlage der regionalen Medien angreifen
Archivmeldung vom 26.03.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Veto Bayerns gegen die seit Wochen einstimmig im Länderkreis abgestimmte Klarstellung im Rundfunkstaatsvertrag zur regionalen TV-Werbung sei bedauerlich. So reagierte Felix Kovac, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR). Sie vertritt vorwiegend regionale und lokale Radio- und TV-Anbieter.
Die Rundfunkreferenten hatten sich zuvor auf eine Regelung verständigt, wonach lokale und regionale Werbung der Finanzierung lokaler und regionaler Inhalte dient und in bundesweit verbreiteten Programmen nicht stattfinden soll. Dies war über lange Jahre einvernehmliche Praxis gewesen, bis das Bundesverwaltungsgericht Ende 2014 eine klarstellende Regelung im Rundfunkstaatsvertrag vermisste. Diese im Länderkreis einmütig formulierte Klarstellung ist nun an der bayerischen Haltung gescheitert.
"Wir befürchten ein massives Eindringen der beiden privaten TV-Familien in regionale Werbemärkte", so der APR-Vorsitzende Felix Kovac. Angesichts ohnehin nicht wachsender nationaler Umsätze sei gerade der Hörfunk für die Finanzierung seiner Inhalte auf diese Werbeeinnahmen angewiesen.
Bundesweite TV-Anbieter seien nun in der Lage, regionalen Werbungtreibenden Angebote zu machen, während ihnen die Radioveranstalter umständlich erklären müssten, warum etwa Sponsorhinweise nach einer mehrseitigen Anweisung der Medienanstalten nur mit ganz bestimmtem Wortlaut zulässig seien. "Eine zeitgemäße Regulierung sieht anders aus", so Kovac.
Kovac fürchtet zudem, dass die Radioanbieter durch die Folgen der unterlassenen Klarstellung zukünftig nicht in der Lage sein werden, in die Digitalisierung zu investieren. Wenn schon die Finanzierung des Programms auf dem bestehenden analogen terrestrischen Vertriebsweg schwierig werde, dann seien Mehrausgaben für digitale Vertriebswege ohne Nachfrage auf Hörerseite nicht zu stemmen.
Bayern-Veto gefährdet Verlage in ganz Deutschland
Die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) hat sich nach Informationen des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) heute überraschend gegen das geplante Verbot regionaler Werbung durch bundesweit sendende TV-Unternehmen ausgesprochen. Auslöser dieser Blockade ist offenbar der Freistaat Bayern.
Die von der MPK angekündigte Prüfung und Verschiebung auf den 18. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sei medienpolitisch ein Desaster, kritisierte der Hauptgeschäftsführer des BDZV, Dietmar Wolff, heute in Berlin. Der Werbemarkt werde bereits jetzt unter den TV-Anbietern neu verteilt. "Was nicht heute geregelt wird, kommt zu spät. Damit legt die Politik einmal mehr völlig unnötigerweise die Axt an die wirtschaftlichen Grundlagen der Verlage."
Vor eben diesem Szenario hatte das Bundesverfassungsgericht bereits 1986 gewarnt, da es eine mögliche Gefährdung insbesondere der örtlichen und regionalen Presse durch den Rundfunk voraussah. Es erklärte damals: Sollte die Konkurrenz durch den Rundfunk die Funktionsfähigkeit der Presse beeinträchtigen, werde es Aufgabe des Gesetzgebers sein, Vorkehrungen zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit zu treffen.
"Bisher wurde Fernsehwerbung rechtlich immer als Teil des Programms betrachtet", erläuterte Wolff. Ein ausdrückliches Verbot regionaler Werbung für TV-Anbieter mit nationalem Programm habe es nur deshalb nicht gegeben, weil die TV-Anbieter aus technischen Gründen nicht in der Lage gewesen seien, ihre Werbung regional auseinander zu schalten.
Es sei schon pikant, so der BDZV-Hauptgeschäftsführer, dass allein jenes Bundesland ein Veto einlege, in dem der private TV-Sender ProSieben/Sat1 seinen Sitz habe. ProSieben hatte im Dezember 2014 beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine Entscheidung erstritten, wonach eine regionale Auseinanderschaltung der Werbung künftig möglich ist. Die bundesweit sendenden, privaten TV-Veranstalter werden in die regionalen Werbemärkte eingreifen und den regionalen Medien einen Teil ihrer Finanzierungsgrundlage entziehen, kritisierte Wolff weiter, "ohne im redaktionellen Programm einen Beitrag zur Medienvielfalt zu leisten".
Wanderwitz: Unsere Medienordnung jetzt für das 21. Jahrhundert fitmachen
Am heutigen Donnerstag hat die Bund-Länder-Kommission zur Reform der Medienordnung ihre Arbeit aufgenommen. Dazu erklärt der kultur- und medienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marco Wanderwitz:
"Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt die erfolgte Einsetzung der Bund-Länder-Medienkommission. Die fortgeschrittene Konvergenz der Medien macht ein stärkeres Zusammenwirken von Bund und Ländern unumgänglich. Nicht zuletzt die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Medien erfordert eine zeitgemäße Regulierung.
Daher begrüßt die CDU/CSU-Fraktion besonders, dass die Kommission sich auch die Regulierung von sogenannten Intermediären, z. B. Suchmaschinen, vorgenommen hat. Außerdem setzen wir große Hoffnungen in die Kommission, eine bessere Abstimmung zwischen Markt- und Meinungsmachtkontrolle zu entwickeln. Medienpolitisch gewünschte Kooperationen von Marktteilnehmern müssen die Kartellbehörden zukünftig gemeinsam mit den Landesmedienanstalten begutachten. Zudem versprechen wir uns Fortschritte bei der Plattformregulierung: Journalistisch-redaktionelle Inhalte müssen einen diskriminierungsfreien Zugang zu allen relevanten Plattformen haben. Deutsche Medienunternehmen unterfallen einer teils kleinteiligen Regulierung. Globale Internetakteure mit großer Marktmacht hingegen operieren weitgehend unbeschränkt. Wichtige Aufgabe der Bund-Länder-Kommission wird es sein, hier für einen fairen Wettbewerb zu sorgen. Andernfalls droht irreversibler Schaden für unsere publizistische Vielfalt."
Hintergrund
Die Regierungskoalition hat in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen, "im Anschluss an die Vorarbeit der Länder ... eine zeitlich befristete Bund-Länder-Kommission einzusetzen", um "erforderliche Kompatibilitätsregeln und daran anknüpfende Anpassungen - zum Beispiel an den Schnittstellen Medienaufsicht, Telekommunikationsrecht und Wettbewerbsrecht - zu erarbeiten". Den Vorsitz der Kommission teilen sich die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters, und - für die Länger - die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer.
Quelle: Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR) / BDZV / CDU/CSU-Bundestagsfraktion (ots)