TV-Produzent Oliver Berben: Befreit die deutsche Serie!
Archivmeldung vom 03.07.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMehr Ambitionen und weniger Bügelfernsehen: Produzent Oliver Berben formuliert im Interview mit dem Medienmagazin DWDL.de seine Sorgen aber auch Hoffnungen für das deutsche Fernsehen.
Den neidischen Blick auf US-Serien kann Berben nur bedingt verstehen. "Die Frage, ob die Amerikaner es besser können, ist völliger Quatsch. Die viel wichtigere Frage ist: Warum konnten und wollten wir das denn mal - und sind heute so zögerlich?", fragt er mit Blick auf viele große deutsche TV-Mehrteiler und -Serien vergangener Jahrzehnte. "Das deutsche Fernsehen ist hervorragend, wenn es denn auch hervorragend sein will. Ich gebe zu, dass dieser Anspruch oftmals fehlt. Natürlich haben wir zu viel Mittelmaß", erklärt Oliver Berben, der zuletzt u.a. die ZDF-Miniserien "Verbrechen" und "Das Adlon" produzierte.
"Das Medium Fernsehen muss doch Einschaltimpulse auslösen und nicht nur resigniert von denen zehren, die es ohnehin den ganzen Tag laufen lassen. Da wird dieser Audience Flow der Feind neuer Ideen", kritisiert der TV-Produzent im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. "Leider steht dieses oft in Stein gemeisselte Sendeschema so vielen tollen Ideen im Wege. Wie oft habe ich dieses Argument schon gehört." Berben weiter: "Diese Hürden, die sich die Sender selber stellen. Das sind Fragen, die sich Netflix oder Amazon Studios nicht stellen. Die gucken einfach nach guten Serien."
Doch er warnt vor zu viel Euphorie angesichts des bevorstehenden Deutschland-Starts von Netflix. "Zu glauben, dass Netflix ein Allheilmittel ist, mit dem dann alles gut wird, ist natürlich naiv", so Berben. "Wir brauchen SVoD-Anbieter (Subscription Video on Demand), die bereit sind, in neue Inhalte zu investieren, denn sie nehmen dem linearen Fernsehen Reichweite und Marktanteile weg. Wenn SVoD nur Marktanteile klaut ohne einen eigenen Beitrag zu leisten, blutet die Kreativität im Fernsehmarkt aus." Umso wichtiger sei es, dass die deutschen Sender agieren, um später nicht unter Druck reagieren zu müssen.
Mit Blick auf Kultserien wie "Breaking Bad", die in den USA bei kleineren Fernsehsendern entstanden sind, ergänzt Berben: "Die Vielseitigkeit, die jetzt vom amerikanischen Fernsehen vorgelebt wird, ist ja dadurch entstanden, dass die kleinen Sender sich plötzlich etwas getraut haben. Das wird bei uns auch noch passieren. Ganz sicher. Für Kreative bedeutet das ein Ende des Fernsehen mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner." Und weiter: "Wenn diese Nischensender vortreten würden, würde das die deutsche Serie aus dem Zwang zum Mainstream-Erfolg befreien."
In der Nische sei viel möglich. "Also Krimi müssen wir jetzt nicht noch mehr machen", sagt Berben im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. "Ich glaube das klare Drama könnte man wieder stärken. Das können wir auch. Erinnern wir uns an legendäre ZDF-Mehrteiler. In diesem Segment können wir in der Weltspitze mitspielen." Berbens Botschaft: "Wer behauptet, wir könnten nicht genauso gut sein wie die Amerikaner, der versteckt sich hinter Ausreden. Wir können, wenn man uns nur lassen würde."
Quelle: Medienmagazin DWDL.de (ots)