Medienverbände und -unternehmen gegen Einschränkung des Informantenschutzes - Bundeskabinett muss Presse- und Rundfunkfreiheit berücksichtigen
Archivmeldung vom 17.04.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDer Gesetzentwurf zur Telekommunikationsüberwachung und zur Vorratsdatenspeicherung sollte am morgigen Mittwoch vom Bundeskabinett in der vorliegenden Form nicht verabschiedet werden. Er gefährdet die Pressefreiheit und höhlt den Informantenschutz aus.
Dies unterstreicht ein Bündnis aus dem Deutschen
Journalisten-Verband, der Gewerkschaft ver.di, dem Bundesverband
Deutscher Zeitungsverleger, dem Verband Deutscher
Zeitschriftenverleger, dem Verband Privater Rundfunk und Telemedien
(VPRT), dem Deutschen Presserat, der ARD und dem ZDF an die
Bundesregierung. Mit dem vom Bundesjustizministerium in enger
Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium erarbeiteten Gesetzentwurf
soll nicht nur die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in
nationales Recht umgesetzt werden. Vor allem soll der
Informantenschutz auch bei allen anderen Ermittlungsmaßnahmen nur
noch der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall unterworfen
werden. Journalisten können damit ihren Informanten nicht mehr
garantieren, dass sie geschützt sind.
So sollen etwa alle Daten der elektronischen Kommunikation von
Journalistinnen und Journalisten für sechs Monate gespeichert werden.
Es müsse verhindert werden, so das Bündnis, dass der
Informantenschutz unter leicht konstruierbaren Abwägungen der
Verhältnismäßigkeit ausgehebelt werden könne. Die
Vorratsdatenspeicherung dürfe zudem nur der Aufklärung wirklich
schwerer Verbrechen dienen. Zudem müssen die Redaktionen künftig
besser gegen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse geschützt
werden, wenn gegen Journalisten wegen des Verdachts einer Teilnahme
am Verrat von Dienstgeheimnissen ermittelt wird. Solche Maßnahmen
dürfen nach Meinung des Bündnisses nur eingeleitet werden, wenn ein
dringender Tatverdacht vorliege.
In Fällen der Telekommunikationsüberwachung müsse in jedem Fall
eine Benachrichtigung erfolgen. Der Gesetzentwurf sieht hier aber
entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor, dass
unter Umständen nach einer Frist von fünf Jahren entschieden werden
kann, dass eine Benachrichtigung nicht mehr erfolgen muss. Eine
zeitliche Beschränkung der Informationspflicht sei nicht akzeptabel.
Die Medienverbände und Sender appellieren an das Bundeskabinett, das Grundrecht der Pressefreiheit nicht vorschnell dem berechtigten staatlichen Interesse der Verbrechensbekämpfung zu opfern. Die weitere Aushöhlung von Informantenschutz und Freiheit der Berichterstattung füge der Demokratie dauerhaften Schaden zu. Ein Klima der Angst in Redaktionen vor Ausspähung ihrer elektronischen Kommunikation behindere den kritischen Journalismus, auf den Demokratie und Staat dringend angewiesen seien.
Quelle: Pressemitteilung Deutscher Presserat