Publizist Thomas Leif gewinnt wichtigen Sieg für die Pressefreiheit: "Nach zwei Jahren das Unmögliche möglich geworden"
Archivmeldung vom 05.07.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn einem überraschenden Akt der Offenheit hat der Präsident der Universität Mainz, Georg Krausch, Fehler bei der vertraglichen Gestaltung zur Drittmittelforschung zugegeben. Bei einer zum Pressegespräch umgewidmeten Akteneinsicht am Nachmittag versprach er grundlegende Korrekturen. Vor Gericht hatte der Publizist Thomas Leif die Einsicht der Verträge durchgesetzt. "Nach fast zwei Jahren Kampf ist heute das Unmögliche möglich geworden", erklärte Thomas Leif am Abend dem Mediendienst kress.de.
Als Erfolg auf ganzer Linie und mit bundespolitischer Bedeutung wird der 4. Juli 2016 in die journalistischen Geschichtsbücher eingehen. Nachdem bereits das Verwaltungsgericht Mainz der Klage des Publizisten Thomas Leif gefolgt war, und ihm Akteneinsicht in die Geheimverträge zwischen der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und der Boehringer Ingelheim Stiftung zugesagt hatte, machte Uni-Präsident Georg Krausch am Nachmittag reinen Tisch und gab grundlegende "Fehler" bei der Vertragsgestaltung zu. Zudem versprach Krausch eine umfassende Korrektur der von den Klägern monierten Regelungen.
Wieviel Macht darf eine Stiftung haben?
Dabei geht es vor allem um die Machtstellung der Stiftung und den umfassenden Einfluss, den die Stiftung insbesondere bei den Berufungen des Forschungspersonals hat. So ist in den Verträgen unter anderem geregelt, dass Berufungsvereinbarungen der Zustimmung der Stiftung bedürfen. Dies stelle, so Leif und sein Rechtsanwalt Carl Christian Müller aus Berlin, einen nicht hinnehmbaren Eingriff in die Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit dar, weil jede nach dem Prinzip der Bestenauslese erfolgte Berufung eines Professors dadurch unterlaufen werden kann, dass ein der Stiftung nicht genehmer Kandidat keine oder nur eine unangemessene Ausstattung mit Personal und Mitteln angeboten bekommt. Dasselbe gilt für Bleibeverhandlungen oder Abberufungen. "Darin liegt ein rechtswidriger Verstoß gegen § 50 des Hochschulgesetzes Rheinland-Pfalz und die dort geregelte Formenstrenge zum Ablauf des Berufungsverfahrens. Denn die Zustimmungspflicht in Bezug auf die Berufungsvereinbarung stellt de facto ein unzulässiges Vetorecht der Stiftung dar", macht Rechtsanwalt Carl Christian Müller deutlich, der das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Mainz zur Einsichtnahme in die Verträge geführt hatte.
"Die heutige Einsichtnahme hat einen Hauch der Schabowski-Pressekonferenz am 9. November 1989. Nach fast zwei Jahren Kampf ist heute das Unmögliche möglich geworden. Auffallend ist das parlamentarische Vakuum in dieser bundesweit zentralen Frage; offenbar wird hier die parlamentarische Kontrollaufgabe der Fraktionen ausgeklammert", sagte der Publizist Thomas Leif, der die Klage durchgefochten hatte.
Quelle: kress.de (ots)