Max Hollein im Lufthansa Magazin: Geschichte neu erzählt
Archivmeldung vom 08.01.2020
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Freigeschaltet durch André OttEr ist der Mann vom Met: Max Hollein gilt als einer der erfolgreichsten Museumsmanager der Gegenwart - und leitet heute in New York das Metropolitan Museum of Art (Met).
Im Interview mit dem Lufthansa Magazin (Januar-Ausgabe) spricht er über das 150-jährige Bestehen des Hauses und darüber, ob er vorhabe, Staub aufzuwirbeln: "Zunächst hilft es vielleicht, das Jubiläum aus der Sicht eines Europäers zu betrachten. Für den ist 150 ja kein Alter, das ist quasi blutjung. Ich sehe es eher als Startschuss in ein neues Kulturverständnis. Für mich war es wichtig zu zeigen, dass die Geschichte des Met auch die Geschichte von New York ist. Und dass man daran sieht, wie sich Museen im Allgemeinen entwickelt haben und wo es mit unserem hingehen soll. Wir werden eine ganze Reihe von Projekten lancieren und Zeichen und Impulse setzen. Wir planen unter anderem gerade mit dem sogenannten Modern Wing einen 600-Millionen-Dollar-Ausbau."
Der 50-Jährige hat sich im Kunst-Business längst etabliert: In Frankfurt leitete der gebürtige Wiener die Schirn Kunsthalle, das Städel Museum und das Liebieghaus. Danach war er Direktor des Fine Arts Museum in San Francisco. Im Interview erläutert er, wie sich digitale Technologien mit einem Museumsbesuch verbinden lassen: "Wir haben im Met eine der größten Kostümsammlungen der Welt. Doch ein Kleidungsstück verliert ja in dem Moment, da es in einem Museum installiert wird, also nicht mehr am Körper getragen wird, einen Großteil seiner künstlerischen Ausdruckskraft. Mit neuen Body-Scanning-Technologien und virtueller Realität können wir unseren Besuchern diese historischen Kostüme in Zukunft per Projektion 'anziehen'. Sie können also erleben, wie es sich trägt, wie es funktioniert."
Hollein ist überzeugt davon, dass digitale Technologien den Museumsbesuch bereichern und die Wahrnehmung von Kunst fundamental erweitern. "Das hat sicher auch damit zu tun, dass Museen heute Orte sind, die einen zum Beispiel wirklich tief in andere Kulturen eintauchen lassen. Hier wird, wenn ich mal das Modewort bemühen darf: entschleunigt. Danach sehnen sich die Leute. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer im Museum hat sich in den vergangenen 30, 40 Jahren kaum verändert. Das Fernsehen leidet unter nachlassender Aufmerksamkeit, Zeitungen werden weniger gelesen. Die Leute gehen zwar wie eh und je in die Oper, ins Theater oder ins Kino, aber der soziale Druck zu bleiben ist dort ja auch viel größer. Im Dunkeln aufzustehen, sich an den anderen vorbeizudrängeln - das fällt auf. Im Museum steht niemand an der Tür und fragt: Oh, Sie gehen schon?"
Quelle: Lufthansa Magazin (ots)