Stern.de: Berliner Recherchefirma CMK verbreitet falsche Dementis
Archivmeldung vom 26.02.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn der vom stern aufgedeckten Bespitzelungsaffäre macht die Berliner Recherchefirma CMK gegenüber der Öffentlichkeit unzutreffende Angaben. Wie stern.de, die Online-Ausgabe des Hamburger Magazins, berichtet, war der Kopf der umstrittenen Agentur, der Münchner Kaufmann Stefan Kießling, persönlich in die Bespitzelung von Ex-SPD-Chef Franz Müntefering und Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine involviert.
In einer Presseerklärung hatte die CMK, die von der Illustrierten "Bunte" mit den Recherchen zum Privatleben von Politikern beauftragt worden war, die Verantwortung für zweifelhafte Methoden zwei "ehemaligen freischaffenden Mitarbeitern" zugeschoben, von denen man sich deswegen getrennt habe. Beide Behauptungen sind nach stern.de-Informationen falsch.
Der Kopf der Firma, Stefan Kießling, war nach stern.de-Informationen selbst Regisseur der Spitzelaktionen. Etwa im Fall Müntefering: So hatte der stern Stefan Kießling am 12. Februar dieses Jahres zu einem Gespräch in das Berliner Redaktionsbüro gebeten. Kießling brüstete sich dort seiner Verdienste für andere Magazine. "Ich war es, der die Identität von Michelle Schumann aufdeckte", sagte er über die Recherchen zu Münteferings heutiger Ehefrau, die er im Auftrag der "Bunte" durchführte. Kießling gab an, heimlich Fotos von den beiden geschossen zu haben, darunter nächtliche "Abschüsse" etwa nach Restaurantbesuchen. "Nachtaufnahmen gab's zum Schweinefüttern viele", so Kießling damals. Die Observation Münteferings habe er zeitweise selbst aus dem Lokal "Block House" in der Wilhelmstraße geleitet (Kießling: "Ich konnte nachher kein Steak mehr sehen."). Auch das Foto von Müntefering und Michelle Schumann auf dem Parteitag der nordrhein-westfälischen SPD, das am 7. Mai 2009 in "Bunte" erschien, stamme von ihm, gab Kießling bei dem Gespräch an. Interne Spesenabrechnungen von Mitarbeitern der CMK, über die "Fotoproduktion MF", die stern.de vorliegen, belegen zudem, wohin Müntefering überall verfolgt wurde: Einmal auf der Route Düsseldorf-Köln-Berlin; ein anderes Mal Berlin-Leipzig.
Auch bei dem erfolglosen Versuch, Linken-Vormann Oskar Lafontaine eine Affäre nachzuweisen, war Kießling selbst involviert. So gibt der frühere CMK-Mitarbeiter Thomas Walther an, er habe mit Kießling gemeinsam einen Hausbootbesitzer an der Spree aufgesucht, um die Erlaubnis für die Installation einer Kamera zu bekommen. Die Kamera sollte auf das Wohnzimmer Lafontaines zielen. Observations-Protokolle und -Planungen zu Lafontaine ("Beste Angriffsfläche ist das Wohnzimmer") wurden zudem unter dem Stichwort "Scarface" in einem extra von Kießling eingerichteten Email-Postfach bei Google abgelegt. Über das Selbstverständnis der CMK bei solchen Jobs sagte Kießling in dem Gespräch mit stern-Redakteuren: "Wir müssen uns nicht als Journalisten ausgeben und sagen, für wen wir arbeiten. Im Zweifel bin ich es, der auffliegt, wenn etwas schief läuft."
Auch die Angabe Kießlings, er habe sich im April 2009 wegen fragwürdiger Arbeitsmethoden von zwei Mitarbeitern, Thomas Walther und André Plath, getrennt, stimmt so nach stern.de-Informationen nicht. Mit Plath verbanden ihn auch danach noch andere Geschäftsbeziehungen. Und in dem Streit mit Walther ging es nach Informationen von stern.de vielmehr schlicht ums Geld: Walther forderte Honorare ein, die CMK zunächst nicht zahlen wollte. In den Schriftsätzen des Anwalts der CMK ist von fragwürdigen Methoden nicht die Rede.
Quelle: stern