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Nachgehakt - Das „kleine Ferkel“ ist gerettet

Archivmeldung vom 10.04.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.04.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Das umstrittene – weil religionskritische - Kinderbuch “Wo bitte geht’s zu Gott, fragte das kleine Ferkel” von Michael Schmidt-Salomon und Helge Nyncke ist von Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) nicht indiziert worden und damit darf das „kleine Ferkel“ in einem säkularen Verfassungsstaat sich weiter auf die Suche nach Gott begeben.

Das Kinderbüchlein hat allerlei Anlass zu Irritationen gegeben: ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren, ein Prüfantrag des Bundesfamilienministeriums und freilich ein beachtliches Echo in der Presse.

Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren als auch der Prüfantrag war nicht von Erfolg gekrönt und dennoch bleibt durchaus ein fader Beigeschmack: Der Leitende Oberstaatsanwalt sah sich ohne Not dazu veranlasst, das Buch als ein “perfides Machwerk in der Maske des religiösen Kinderbuchs”, zu stigmatisieren, während demgegenüber die CDU/CSU Fraktion in einer Mitteilung v. 06.03.08 erklärt:

„Das aggressive Verächtlichmachen von Religionen beruft sich formell auf die Freiheiten des Grundgesetzes.

Es widerspricht jedoch dem Geist der verfassungsmäßigen Ordnung, welche die Religionsfreiheit schützt. Dies schließt das Recht auf Religionslosigkeit ebenso ein wie das Recht der Religionsgemeinschaften und Gläubigen auf Respekt.

Absichtliches Missverstehen, Verkürzen und Verhöhnen religiöser Bekenntnisse ist eine Schande für eine aufgeklärte pluralistische Gesellschaft. Kinderbücher dieses Inhalts haben bildungsfeindliche Wirkung. Von ihnen ist dringend abzuraten“, so der Innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Hans-Peter Uhl MdB.

Das „kleine Ferkel“ hat sich erfolgreich der „Schlachtbank“ entziehen können und nun scheint es aufgefordert zu sein, sich neben der Suche nach Gott auch auf eine solche nach dem „Geist“ der Verfassung zu begeben. Das „kleine Ferkel“ wird dann vielleicht in der Folge einen weiteren wesentlichen und im Übrigen erforderlichen – wenn auch zaghaften und einführenden - Beitrag zur Bedeutung unserer Grundrechte und Werte in unserer Gesellschaft leisten, zumal wenn es „heranwächst“ und die zunehmende Reife besitzt, kritisch weiter nachzufragen. Was würde – hier einstweilen zu Diskussion gestellt – das „kleine Ferkel“ wohl denken und antworten, wenn sich der „kleine Igel“ als sein Wegbegleiter auf eine Flugreise zu einer schönen Südseeinsel begeben würde und dieses Flugzeug „abgeschossen“ werden müsste, weil mit dem Flugzeug ein Terroranschlag droht?

Sicherlich, dass „kleine Ferkel“ wäre zunächst traurig, aber keimt in ihm dann nicht die bohrende Frage auf, warum es ein Gesetz gibt (resp. geben soll), wo dass Leben seines Freundes geopfert wird? Was hätte der Leitende Oberstaatsanwalt zu vermelden, wenn seine Familie im Ferienflieger sitzen würde? „Ein perfides Machwerk“ des Gesetzgebers? Welche Orientierung bietet hier dem „kleinen Ferkel“ der beschworene „Geist“ der Verfassung? Nicht die unionspolitische, gleichsam von vielerlei Ängsten geplagte Seele hilft ihm hier weiter, sondern der Blick in das Verfassungsrecht und im Zweifel korrespondierend hierzu in die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Kritische Kinderbücher haben keine „bildungsfeindliche Wirkung“, solange diese sich im Wertediskurs positionieren und in erster Linie ein in der Moderne vielfach vergessenes Prinzip in Erinnerung rufen: Freiheit und die damit verbundene Rechte! Dass dies den „Herrschenden“ nicht immer gelegen kommt, liegt auf der Hand.

Das „kleine Ferkel“ hat in unserer Welt also noch viel zu entdecken und es bleibt zu hoffen, dass sein kritischer Zeitgeist dauerhaft erhalten und mit zunehmenden Alter geschärft wird. Eine Fortsetzung der „Suche“ des „kleinen Ferkels“ ist m.E. nachhaltig zu begrüßen und es bleibt zu hoffen, dass er nicht seines Freundes „verlustig“ geht. Tausende von Kindern wären nachhaltig irritiert, warum der „kleine Igel“ sein Leben lassen musste und diese Kinder später in einer Entscheidung des BVerfG nachlesen können, dass der Gesetzgeber nicht befugt war und ist, dem „kleinen Igel“ sein Leben zu nehmen.

Wenn dann in der Folge das „kleine Ferkel“ hochbetagt und von vielerlei Krankheiten, Pein und Schmerz geplagt ist, möchte es vielleicht seine „Suche“ nicht mehr fortsetzen. Spätestens dann wird es sich wieder mit der Religion auseinandersetzen müssen: es wird mit der „Heiligkeit des Lebens“ konfrontiert und das „kleine Ferkel“ wird sich vielleicht die Frage stellen, warum es seine „letzte Reise“ nicht selbstbestimmt antreten darf?

Das Luftverkehrssicherheitsgesetz ist – thesenhaft unterstellt – nach dem Willen der Union auf den Weg gebracht, während dem gegenüber der Entwurf eines Patientenverfügungsgesetzes aus Respekt vor den Kirchen immer noch in der Schublade „liegt“.

Das „kleine Ferkel“ – vielleicht ein bisschen weise geworden – fragt sich nun, ob die „Heiligkeit des Lebens“ aus der Sicht der „Herrschenden“ mit zweierlei Maß gemessen und je nach Wunsch in die Beliebigkeit der Interpreten gestellt wird?
Es besinnt sich der Rechtsethik und es darf angenommen werden, dass hierbei erstaunliche Ergebnisse zu irdischen Zeiten zutage gefördert werden.

Ich wünsche jedenfalls dem „kleinen Ferkel“ viel Standesfestigkeit, denn nicht nur klimabedingt ziehen mehr und mehr Gewitterwolken am „Himmel der Glückseligkeit“ auf und so mancher Sturm bläst unablässig seine Winde, so dass man/frau fast genötigt wird, seine Segel zu streichen und die Fahrt in ideologisch seichten Gewässern fortzusetzen.

Wir alle sitzen scheinbar in einem „Boot“, offensichtlich aber nicht das „kleine Ferkel“, denn es sitzt derzeit nur in dem „Beiboot“ und vielleicht wird dieses Beiboot künftig den Kurs in einem säkularen und freiheitlichen Rechtsstaat bestimmen, mag auch nunmehr nicht die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, sondern im Zweifel die für „Meuterei“ – in der Moderne wohl ziviler Ungehorsam genannt – zuständigen Behörde zum Versuch der Ahndung und Sanktion berufen sein.

Was also bleibt? Vielleicht die Frage, ob das Beiboot nicht größer ist, als wir vielleicht zu vermuten wagen und insgeheim dem „Kapitän“ des Hauptbootes Ängste einflößt, ja eigentlich Sorge bereiten muss? Kirchenaustritte in Größenordnungen und eine sich immer deutlicher abzeichnende Parteienverdrossenheit dürften sichere Anzeichen dafür sein, dass irgendwie der „Kurs“ nicht mehr stimmt!

Quelle: IQB - Lutz Barth


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