Filmimperium Hollywood bröckelt
Archivmeldung vom 16.01.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Mekka der weltweiten Film-, TV- und Entertainment-Industrie, Hollywood, ist im vergangenen Jahr schwer in Schlagseite geraten. Nicht nur von der Wirtschaftskrise wurde der historische Status des Filmviertels in Los Angeles als Zentrum der Unterhaltungsbranche untergraben.
Von dem Dreh- und Produktionsort für neue Blockbuster und TV-Sendungen wandten sich 2009 reihenweise Herstellerfirmen ab. Es macht den Anschein, als beginne der Einfluss Hollywoods in der Film- und Fernsehbranche zu bröckeln. Europa holt hingegen deutlich auf.
Hollywood auf 16-jährigem Rekordtief
"Die europäische Filmwirtschaft ist ganz klar im Vormarsch", unterstreicht Stefan Gehrke, Redakteur bei der Fachzeitschrift der deutschen Filmwirtschaft filmecho, im Gespräch mit pressetext. Hollywood musste bei der Produktion hingegen deutlich Federn lassen, wie die Non-Profit-Organisation Film L.A. aufzeigt, die die Drehgenehmigungen der Unterhaltungsindustrie in Los Angeles koordiniert. Ihr zufolge verzeichnete die branchenweite Film- und TV-Produktion 2009 den schwersten Einbruch seit zumindest 16 Jahren.
Mit einem Minus von 19,4 Prozent gegenüber 2008 ist das Niveau auf das tiefste Level seit Beginn der Datenerhebung 1993 gefallen. Nach über 47.000 Drehtagen 2008 wurde im Vorjahr nur mehr an knapp 38.000 Tagen in Los Angeles gedreht. Das rückläufige Produktionsniveau sei auf die reihenweise Abwanderung von Filmfirmen in andere US-Regionen zurückzuführen. Film L.A. fordert daher Anreize, damit Hollywood in Hollywood bleibt.
Lockmittel Steuernachlass
Schon vor dem massiven Sommerloch 2009 hatte der Abzug von Produzenten aus Hollywood eingesetzt. Im Juli reagierte Kalifornien in Form von Steuerbegünstigungen. Blockbuster mit einem Budget zwischen einer und 75 Mio. Dollar erhielten einen Nachlass von 20 Prozent. Fernsehserien, die ihre Produktion aus anderen Regionen nach Kalifornien verlagern, müssen seither sogar um 25 Prozent weniger Steuern zahlen. So wurde zuvor ein Großteil der abwandernden Produktionen in US-Bundesstaaten verlegt, die ihrerseits mit Anreizen und Steuerbegünstigungen lockten.
Gegen Jahresende zeigte die Initiative Wirkung. Im Schlussquartal 2009 stieg das Produktionsniveau im Vergleich zu den ersten neun Monaten um 14 Prozent. Für die Hollywood-Flüchtlinge dürften somit hauptsächlich finanzielle Gründe ausschlaggebend gewesen sein. Gehrke zufolge ist dies gerade in Hinblick auf den aktuellen Kino-Boom erstaunlich, der nicht allein von der Rekord-Produktion Avatar getragen werde.
Nicht die Krise der Konsumenten
"In Deutschland verzeichneten die Kinos mit 16 Prozent am Besuch und 25 Prozent beim Umsatz jeweils ein zweistelliges Plus", betont der Branchenkenner gegenüber pressetext. Der Wille, ins Kino zu gehen, sei definitiv vorhanden - "gerade in diesen Zeiten". Die Krise der Produzenten sei offenbar nicht die Krise der Konsumenten.
Quelle: pressetext.deutschland (Manuel Haglmüller)