Nina Kunzendorf: Ich gucke so gut wie kein deutsches Fernsehen mehr "Öffentlich-Rechtliche für meine Kinder irrelevant"
![Nina Kunzendorf bei der Grimme-Preisverleihung 2011](https://www.extremnews.com/images/article_portrait-c0195dff059948789efdfd0debc4b9b4.jpeg)
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Nina Kunzendorf (53), mehrfache Grimme-Preisträgerin, schaltet bei heimischen TV-Produktionen ab: "Ich muss gestehen, dass ich so gut wie kein deutsches Fernsehen mehr gucke. Meine Kinder erst recht nicht", sagte die Schauspielerin der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ). "Bei Netflix, Sky und Amazon läuft natürlich auch viel Grütze. Aber die Streamer haben eben auch hervorragende Serien und Filme. Wenn man eine geguckt hat, ist der Weg zurück schwer."
Beim Nachwuchs hält Kunzendorf ARD und ZDF für chancenlos: "Für meine Kinder und für ihre Freundinnen und Freunde sind die Öffentlich-Rechtlichen irrelevant. Die gucken das nicht", sagte sie. Als positives Gegenbeispiel nannte die Schauspielerin die Impro-Serie "Die Discounter", mit der Amazon junge Zielgruppen anspreche: "Das Format funktioniert ja offensichtlich wirklich gut, gerade bei jungen Zuschauern, um die sich auch die Öffentlich-Rechtlichen massiv bemühen. Und bei denen frage mich, ob das noch die leiseste Aussicht auf Erfolg hat. Was ja schön wäre."
Auf die Frage, warum ARD und ZDF sich mit jungen, kreativen Formaten schwertun, antwortete Kunzendorf: "Vielleicht gerade, weil zu viel über Zielgruppen nachgedacht wird, über 'Key Visuals', den Look, mit dem man Formate zielgruppengerecht verkauft und Klickanreize bietet, über Quoten, über die Befriedigung von tatsächlichen oder vermeintlichen Wünschen und Sehgewohnheiten. Ein bisschen vergessen wird dann, dass es auch um Inhalte geht, dass man diesen Bildungsauftrag hat." Auch sie selbst wünsche sich von den Sendern "ungewöhnliches Fernsehen, kleine Filme, nicht nur Krimis und Serien, bei denen ich nach fünf Minuten weiß, wie die Figuren ticken".
Als Zuschauerin geht Kunzendorf dem Fernsehen verloren, als Schauspielerin hält sie ihm aber die Treue - auch, weil das Theater für sie keine Alternative ist: "Ich liebe ich es wirklich sehr und hatte tolle Zeiten am Theater, vor allem an den Münchner Kammerspielen. Aber ich bin irrsinnig nervös. In München hatte ich das ein bisschen verloren. Aber später hat es mich nochmal richtig umgehauen", sagte Kunzendorf. "Wenn mein Freund jetzt eine Premiere hat, sitze ich im Saal und denke nur: Gott sei Dank spiele ich nicht. Auf der Bühne ging es mir am Ende so schlimm, dass ich begriffen habe: Ich muss das jetzt erstmal sein lassen."
Sie vermisse die Theaterarbeit aber und "würde jederzeit wieder acht Wochen am Stück proben", sagte Kunzendorf und fügte scherzhaft hinzu. "Ich bräuchte dann nur eine Kollegin, die für mich die Vorstellungen übernimmt." Eine Rückkehr auf die Bühne, so Kunzendorf, ginge für nur wohl mit einem Ensemblestück: "Aber auch dafür müsste man mir sehr wirksame Drogen geben."
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)