Studie zu Desinformation in der Coronakrise: Drei Viertel der jungen Menschen in Deutschland sind regelmäßig mit Falschnachrichten konfrontiert
Archivmeldung vom 09.12.2020
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Freigeschaltet durch André OttVon fragwürdigen Tipps zum Gesundheitsschutz über Verharmlosungen der Auswirkungen des Virus bis hin zu wilden Verschwörungserzählungen: Immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland begegnen in der Coronakrise Falschnachrichten.
Drei Viertel (76 Prozent) der 14- bis 24-Jährigen werden mindestens einmal pro Woche mit Falschnachrichten online oder in den sozialen Medien konfrontiert - das sind 50 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren. Zudem hat sich die Zahl derjenigen, die mehrmals täglich auf Falschnachrichten stoßen seit dem letzten Jahr fast verdoppelt (21 Prozent gegenüber 12 Prozent). Um Falschnachrichten kompetenter zu begegnen, fordert die große Mehrheit Jugendlicher und junger Erwachsener (85 Prozent), das Thema Desinformation verpflichtend in den Lehrplan an Schulen aufzunehmen. Das sind die Ergebnisse einer Befragung 14- bis 24-Jähriger zum Umgang mit Desinformation im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland.
Desinformation kaum Thema im Schulunterricht
Während die Verbreitung von Falschnachrichten im Rahmen der Corona-Pandemie deutlich zunimmt, wächst die Kompetenz im Umgang mit Desinformation hingegen nur langsam: Immerhin ein Drittel (34 Prozent) der jungen Menschen traut sich nicht zu, Falschnachrichten als solche zu erkennen. Unter denen mit formal niedrigem Bildungshintergrund sind es 39 Prozent - zehn Prozent mehr als bei jungen Menschen mit einem formal hohen Bildungshintergrund (29 Prozent). Bildungseinrichtungen erfüllen ihre Aufgabe hier insgesamt unzureichend: Nur bei 30 Prozent der jungen Menschen in Deutschland sind Falschnachrichten ein Thema für den Unterricht.
"Seit Beginn der Corona-Pandemie findet der Lebensalltag junger Menschen noch mehr als bisher im digitalen Raum statt. Gleichzeitig haben wir in den letzten Jahren versäumt, junge Menschen ausreichend im Umgang mit der digitaler Desinformation zu stärken", so Inger Paus, Vorsitzende der Geschäftsführung der Vodafone Stiftung. "Dabei ist unter jungen Menschen in Deutschland längst Konsens, dass Medieninformationskompetenz genauso auf die Lehrpläne der Schulen gehört wie Deutsch und Mathematik. Wir sollten auf die Jugend hören - und die Entwicklung von Unterrichtsmaterialien und Fortbildungen für Lehrkräfte zügig vorantreiben."
Junge Menschen sehen Demokratie gefährdet
"Das Coronavirus gibt es nicht". Oder: "Bill Gates hat es erfunden". Die meisten jungen Menschen haben bereits gängige Falschaussagen oder Verschwörungserzählungen in Zusammenhang mit der Pandemie wahrgenommen. 64 Prozent der jungen Menschen geben an, dass es ihnen bei Nachrichten zum Covid 19-Virus schwerer fällt als bei anderen Themen, glaubwürdige von unglaubwürdigen Informationen zu unterscheiden.
Desinformation ist aus Sicht junger Menschen zudem nicht nur ein Online-Phänomen, sondern auch Thema für klassische Medien und politische Akteur:innen: Während die Mehrheit Falschnachrichten erwartungsgemäß mit dem Internet (75 Prozent) oder betrügerischen Absichten (73 Prozent) in Zusammenhang bringt, denkt immerhin die Hälfte bei Desinformation auch an klassische Medien wie Radio, Fernsehen oder Zeitungen (45 Prozent) oder bestimmte Politiker:innen oder Parteien (54 Prozent). Die große Mehrheit der Jugend (81 Prozent) sieht in der Verbreitung von Falschnachrichten daher auch eine Gefahr für die Demokratie in Deutschland.
Methodik
Die Erhebung wurde vom Befragungsinstitut Infratest dimap Gesellschaft für Trend- und Wahlforschung mbH durchgeführt. Die Grundgesamtheit für die Befragung bildeten deutschsprachige junge Menschen im Alter von 14 bis 24 Jahren in Privathaushalten in Deutschland, die das Internet nutzen. Die Erhebung wurde vom 11. bis zum 28. September 2020 durchgeführt und als Online- Erhebung (Computer Assisted Web Interviewing CAWI) angelegt. Insgesamt nahmen 2.064 junge Menschen an der Studie teil.
Quelle: Vodafone Stiftung Deutschland gGmbH (ots)