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Marieke Reimann im journalist: "Der Osten ist kein Zoo"

Freigeschaltet am 04.12.2024 um 06:30 durch Sanjo Babić
journalist-12/25 Bild: journalist - Magazin für Journalisten Fotograf: Paulina Hildesheim
journalist-12/25 Bild: journalist - Magazin für Journalisten Fotograf: Paulina Hildesheim

Marieke Reimann gibt zum Jahresende ihren Posten als Zweite Chefredakteurin des SWR auf. Im journalist-Interview spricht sie darüber, warum sie aufhört, welche Klischees ihr als Ostdeutsche in westdeutschen Redaktionen begegnen und wie sie sich für mehr Diversität einsetzt.

"Ich habe schon öfter Kollegen erlebt, die Ostdeutsche nachgeäfft haben", sagt Reimann im journalist. "Noch erschreckender als Kollegen, die Ostdeutsche veräppeln, finde ich allerdings das breit vorhandene Nichtwissen auch in Führungsetagen über ostdeutsche und osteuropäische Kultur. Der Fokus in unseren überregionalen Medien liegt auf transatlantischer, westlicher Berichterstattung."

Reimann beobachtet, wie sich über die Jahrzehnte das Bild der ostdeutschen Bevölkerung in der Berichterstattung gewandelt hat. "Anfang der 90er etwa waren es Wörter wie Aufschwung, Modernisierung und Wachstum, die häufig im Kontext der Ostdeutschland-Berichterstattung verwendet wurden", sagt sie. "Ostdeutsche galten als mutige Bürger, die frech, provokativ, mündig und selbstkritisch waren." Doch ab Mitte der Neunziger habe sich das verändert: Seitdem wurden "die Ursachen bei den ostdeutschen Bürger selbst gesucht. Sie waren ab sofort die Unzufriedenen, Leidenden."

Reimann ist die einzige ostdeutsche Chefredakteurin bei einem westdeutschen Sender. Über Ostdeutsche in den Führungsebenen der Medienhäuser sagt sie im journalist: "Nur acht Prozent der Führungspositionen deutscher Medien sind durch Menschen mit ostdeutscher Biografie besetzt - ein Armutszeugnis nach 35 Jahren Mauerfall. In den wichtigsten überregionalen Medien gibt es nur einen ostdeutschen Chefredakteur."

Als Zweite Chefredakteurin habe Reimann viel übergeordnete Strukturarbeit geleistet, sagt sie. Dabei sei es ihr zu kurz gekommen, eng mit anderen Redakteur und Formaten im SWR zusammenzuarbeiten - gerade jetzt, "in einer Zeit, in der Rechtsextremisten weltweit zu Taktgebern (medien-)politischer Agenden werden." Deshalb habe sie sich dazu entschieden, sich aus der Chefredaktion zurückzuziehen.

Quelle: journalist - Magazin für Journalisten (ots)

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