Klezmer-Klarinettist Giora Feidman ist deutscher Staatsbürger geworden "In Deutschland lebe ich als Bruder unter Brüdern"
Archivmeldung vom 12.09.2024
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Freigeschaltet durch Mary SmithDer Klezmer-Klarinettist Giora Feidman (88) hat die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Damit möchte der Musiker Zeichen gegen den polarisierten Zeitgeist setzen, wie er im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" erklärte: "Nichts lässt mich mehr fühlen, dass ich ein Mensch bin, als die Aussöhnung zwischen den Deutschen und den Juden", sagte Feidman. "Nach dem Krieg hat eine Heilung stattgefunden. Jetzt sind wir eine Familie, eine gesunde Familie. In Deutschland lebe ich als Bruder unter Brüder. Und jetzt bin ich selbst ein Deutscher geworden. Jetzt habe ich einen deutschen Pass." Bislang reiste Feidman, der in Hamburg und Israel lebt, mit einem argentinischen und einem US-amerikanischen Pass, wie sein Management mitteilte.
"Nach intensiven Überlegungen habe ich beschlossen, als Zeichen der tiefen Verbundenheit zwischen dem jüdischen Volk und Deutschland die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen. Diese Entscheidung ist nicht nur persönlicher Natur, sondern symbolisiert meine Überzeugung, dass wir die Verantwortung tragen, Brücken der Freundschaft und Verständigung zwischen unseren Nationen zu errichten und zu festigen", erklärte der 88-Jährige. "Gerade in einer Zeit, in der populistische Tendenzen und Nationalismus weltweit an Aufschwung gewinnen, sehe ich mich als Künstler in meiner Vorbildfunktion insbesondere gegenüber der jüngeren Generation verpflichtet, die Bedeutung von Offenheit, Solidarität und kulturellem Austausch zu verteidigen. Gemeinsam können wir ein starkes Fundament für eine Zukunft schaffen, die auf Respekt, Toleranz und Verständigung beruht."
"Mein aktuelles Programm trägt mit Bedacht den Titel 'Revolution of Love', da ich überzeugt bin, dass Liebe und Musik als kraftvolle Mittel des 'friedlichen Protests' unsere Gesellschaft vereinen und in eine positive Richtung lenken können. Doch wahre Veränderungen beruhen nicht allein auf Worten und Ideen, sondern erfordern entschlossenes Handeln. In diesem Kontext betrachte ich diesen Schritt als symbolischen Akt", erklärte der Musiker.
Mit der Entscheidung für die deutsche Staatsbürgerschaft wolle Feidman auch zur Völkerverständigung ermutigen: "Die Freundschaft zwischen den Deutschen und den Juden ist der größte Beweis für die Menschlichkeit auf diesem Planeten", sagte er. "Wenn wir, die Juden und die Deutschen, das geschafft haben - dann kann das jeder schaffen. Wir alle sind Menschen. Wir sind für die Freundschaft geboren", so Feidman.
Der Musiker kommentierte auch die Wahlerfolge der AfD sowie antisemitische Töne aus dem linken Spektrum. "Ich versuche, darüberzustehen. Die Bewegung wird keinen Erfolg haben. Es wird kein Erfolg. Die Gegner der Nazis sind stark. Das fühle ich mit meiner ganzen Seele", sagte er. "Antisemitismus ist eine Krankheit. Jede 'Anti-Bewegung' ist eine Krankheit und dagegen gibt es ein Mittel: Bildung, Erziehung, Kultur, die Musik und jede Art von Kunst. Wir müssen mit der Bildung dagegen ankämpfen. Wir müssen den jungen Menschen vom ersten Schultag an erklären: Deutschland hat Werte und diese Werte schließen jeden Nazismus aus." An die jüdische Community appellierte Feidman: "Kommt zurück, kommt nach Deutschland. Es ist nicht mehr das Land der Vergangenheit."
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)