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Warum „Game of Thrones“ süchtig macht

Archivmeldung vom 11.05.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.05.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Prof. Dr. Claus-Peter H. Ernst
Quelle: Privat (idw)
Prof. Dr. Claus-Peter H. Ernst Quelle: Privat (idw)

„Game of Thrones“ – über keine andere Serie wurde in den vergangenen Wochen so oft in den Medien berichtet. Millionen von Menschen verfolgen Woche für Woche den Verlauf des Kampfes um den Eisernen Thron. Doch warum ist die Fernsehserie so beliebt? „Verschiedene Faktoren sorgen dafür, dass Fernsehserien wie Game of Thrones für Menschen so attraktiv sind. Sie stillen beispielsweise klassische menschliche Bedürfnisse wie den Wunsch, Freunde zu haben und sich zugehörig zu fühlen“, erklärt Prof. Dr. Claus-Peter H. Ernst, Wissenschaftler der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) sowie der SRH Hochschule Heidelberg, der 2018 eine Studie zur Identifikation mit Serienfiguren publizierte.

„Die Identifikation mit einzelnen Figuren einer Fernsehserie sorgt für die Entwicklung eines sozialen Zugehörigkeitsgefühls. Die Zuschauerinnen und Zuschauer betrachten diese als Vertraute, an deren Geschichte sie gefühlten Anteil haben. In Game of Thrones findet sich für jeden eine Identifikationsfigur; jeder Figur werden bestimmte Charakterzüge zugeordnet“, so Ernst. „Menschen identifizieren sich gerade dann mit den Figuren einer Serie, wenn ihr eigenes Leben Parallelen zum erzählten Leben des fiktiven Charakters aufweist. So könnte sich beispielsweise jemand, der in seiner eigenen Familie eine Außenseiterrolle einnimmt, etwa mit der Figur Tyrion Lannister identifizieren. Manchmal fühlen sich Menschen aber auch Figuren zugehörig, die so sind, wie sie gern wären, oder Figuren, die sie sich als Vorbilder suchen wie beispielsweise Arya Stark oder Daenerys Targaryen. Die Serie gibt ihnen das Gefühl, diese Figuren sehr gut zu kennen, und sie können diese Figuren dann als eine Art erweiterte Familie oder erweiterten Freundeskreis wahrnehmen.“

Die menschliche Neugier ist ein weiterer Faktor, der gerade bei Game of Thrones eine große Rolle spielt: Die Zuschauerinnen und Zuschauer wollen wissen, was ihre Serienheldin oder ihr Serienheld in den nächsten Episoden erlebt und können das Sehen der nächsten Folge kaum erwarten. „Viele Fernsehserien sind so aufgebaut, dass man trotz der sogenannten Cliffhanger davon ausgehen kann, dass der Protagonist oder die Protagonistin überlebt. Bei Game of Thrones ist ein Cliffhanger wirklich noch ein Cliffhanger. Hier kann es passieren, dass die Lieblingsfigur, die die Zuschauerin oder der Zuschauer fünf oder sechs Jahre hat aufwachsen und sich entwickeln sehen, stirbt. Die Spannung, die bei vielen anderen Formaten verloren gegangen ist, wird hier aufrechterhalten“, so Ernst. „Zudem begünstigen Download- und Streaming-Anbieter den einfachen Einstieg in die bereits seit einigen Jahren laufende Serie. So können Personen, die gerade erst angefangen haben, die Serie zu schauen, alle älteren Folgen nacheinander abrufen und die Geschichte ihrer Lieblingsfiguren an einem Stück verfolgen.“

Diese allgegenwärtige Verfügbarkeit von Medieninhalten kann jedoch auch negative Auswirkungen haben. „Alle Zuschauerinnen und Zuschauer verspüren hin und wieder den Wunsch, mehr von einer bestimmten Serie wie Game of Thrones zu sehen. Es kann aber auch vorkommen, dass Menschen so viele Folgen konsumieren, dass man von einer psychischen Abhängigkeit sprechen muss – und Netflix und Co. sorgen dafür, dass man schnell und einfach an die ,Suchtmittel‘ gelangen kann. Die betroffenen Personen sind gereizt oder fühlen sich niedergeschlagen, wenn sie mal nicht so viele Folgen ihrer Lieblingsserien sehen können, wie sie wollen. Spätestens dann muss das eigene Verhalten selbst oder durch andere hinterfragt werden“, so Ernst.

Wie die Identifikation mit Serienfiguren eine solche Abhängigkeit nach Fernsehserien begünstigt, zeigt die Studie, die Ernst im Jahr 2018 gemeinsam mit Dr. Maren Scheurer, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, und Prof. Dr. Franz Rothlauf, Professor für Wirtschaftsinformatik und Betriebswirtschaftslehre an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, publiziert hat. Sie trägt den Titel „TV Series Characters Feel Like Friends to Me: The Influence of Perceived Belonging on TV Series Addiction “. Näheres zur Studie unter http://www.frankfurt-university.de/Befragung-Serienhelden.

Quelle: Frankfurt University of Applied Sciences (idw)


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