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SWR-Rundfunkrat verteidigt Internetangebote von ARD und ZDF Einstimmige Resolution zum neuen Rundfunkstaatsvertrag

Archivmeldung vom 04.04.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.04.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk darf nicht von der digitalen Zukunft im Internet abgeschnitten werden. Dieser Appell an die Politik ist Inhalt einer Resolution, die der Rundfunkrat des Südwestrundfunks (SWR) in seiner Sitzung am Freitag, 4. April 2008, in Stuttgart verfasste.

Die einstimmig verabschiedete Resolution stellt fest, der Arbeitsentwurf zum neuen Rundfunkänderungsstaatsvertrag bei den Online-Angeboten "engt die Entwicklungsmöglichkeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unangemessen ein und beschädigt seine Zukunftsfähigkeit in der digitalen Welt". Der Vorsitzende des Rundfunkrats Harald Augter: "Das ganze Gremium unterstützt den Intendanten einmütig und nachhaltig dabei, gegen diese Pläne vor zu gehen. Selbst bestehende Internetangebote im Kern des journalistischen Auftrags wären dann unmöglich. Soweit darf es nicht kommen."

Der Resolution vorangegangen war eine intensive Diskussion der Gremien über den Gesetzentwurf, der den Internetangeboten von ARD und ZDF unter anderem zur Auflage macht, Texte nach einer Woche zu löschen. SWR-Intendant Peter Boudgoust: "Wenn das Gesetz würde, dann müssten textbasierte Online-Angebote, zum Beispiel im Rahmen einer Berichterstattung über Landtagswahlen, nach sieben Tagen vom Netz genommen werden. Das hat mit Informationsfreiheit nichts zu tun."

Boudgoust erläuterte, dass der Gesetzentwurf vorsehe, Texte im Internetangebot von ARD und ZDF einem strengen Sendungsbezug zu unterwerfen. "Texte sind neben Video- und Audio-Angeboten, neben Fotos und Grafiken, ganz selbstverständliche Bestandteile jeder Internetseite. Wer uns ins Postkutschenzeitalter zurückschicken will, der soll das sagen. Diesen interessengesteuerten Angriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk  werden wir nicht zulassen."

Boudgoust verwies in Stuttgart darauf, dass der vorliegende Entwurf des Rundfunkstaatsvertrages gleichzeitig ARD und ZDF auftrage, mit ihren Internetangeboten "allen Bevölkerungsgruppen die Teilhabe an der Informationsgesellschaft zu ermöglichen" und den Menschen "Orientierungshilfe zu bieten". SWR-Intendant Boudgoust: "Wie diese Forderung mit den Formulierungen des Rundfunkstaatsvertrages inhaltlich in Einklang gebracht werden soll, versteht kein Mensch.

Hier steht nicht weniger als unsere journalistische Kernaufgabe zur Disposition. Ich bin froh, dass der Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder bereits signalisiert hat, dass dies auch seine Zustimmung nicht finden wird."

Boudgoust erläuterte vor dem Rundfunkrat, der SWR werde im Zuge der Digitalisierung sämtliche Unternehmensstrukturen überprüfen. Dazu gehörten auch die klassischen Programm-Medien. Die Steuerung des Digitalisierungsprozesses übernehme SWR-Verwaltungsdirektor Viktor von Oertzen. Boudgoust: "Vernetzung ist das Gebot der Stunde. Das gilt für unsere interne Struktur ebenso wie für die ARD und darüber hinaus.

Nur so werden wir die Herausforderungen einer digitalen Medienwelt bestehen." Für den SWR bedeute dies, dass der Sender nicht mehr in Sparten wie Radio, Fernsehen und Internet denken dürfe. Boudgoust:

"Online ist ein so umfassendes Medium, dass es auch Radio und Fernsehen grundlegend verändern wird. Wir müssen bei jedem Thema und jedem Programm prüfen, welche Ausspielwege dafür geeignet sind. Es darf kein Kästchendenken geben, hier Radio, da Fernsehen, dort Online."

 Boudgoust erläuterte vor dem Gremium, dass er deshalb im Einvernehmen mit der Geschäftsleitung bewusst weder einen Vertreter der alten noch der neuen Medien gewählt habe, sondern mit dem Verwaltungsdirektor einen "Moderator" zum Digitalisierungsbeauftragten ernannt habe. Dieser werde im Dialog mit allen Bereichen Organisationsstrukturen entwickeln und der Geschäftsleitung vorlegen. Boudgoust: "Digitalisierung ist und bleibt also Chefsache im SWR. Denn hier steht unsere Zukunft auf dem Spiel. Durch die Digitalisierung wachsen beim Publikum zu Hause die Medien zusammen - das muss auch für unser Haus gelten."

 Boudgoust ging auch auf die voraussichtliche Übernahme der ARD-Geschäftsführung durch den SWR im kommenden Jahr ein. Die Intendantinnen und Intendanten hatten sich auf ihrer Klausurtagung am 20. März in Berlin auf diesen Vorschlag an die ARD-Hauptversammlung verständigt. Boudgoust: "Wir sind gebeten worden, die ARD-Geschäftsführung zu übernehmen, und dieser Bitte kommen wir gerne nach. Wir sind dafür gut gerüstet." Der SWR-Intendant erläuterte, die Fragen der Digitalisierung würden alle Landesrundfunkanstalten in den kommenden Jahren beschäftigen. Der SWR nehme sich als federführender Sender der ARD für den Bereich Online der Thematik in besonderem Maße an. In einer Zeit der weltweiten medialen Vernetzung sei es sinnvoll, wenn die ARD die entscheidenden Weichenstellungen im Einverständnis vornehme. Auch hier gelte das Prinzip der Vernetzung: "Dafür werde ich im Kreise meiner Intendantinnen- und Intendantenkollegen werben.Ich verstehe die Übernahme der ARD-Geschäftsführung in diesem Sinne auch als Dienstleistung am Senderverbund."

Mit Blick auf die Kritik der Verleger am Online-Engagement von ARD, ZDF und Deutschlandradio sagte der SWR-Intendant: "Es freut mich, dass bereits einige Verlage auf unser Angebot zur Kooperation im Bereich Online reagiert haben und mit uns in guten Gesprächen sind. Ich bin zuversichtlich, dass die Partnerschaft in der täglichen journalistischen Arbeit für eine Beruhigung der manchmal doch sehr hitzig geführten Diskussion sorgt." Vielen Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen sei klar, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht ihre Gegner im Netz seien, sondern Partner.

Boudgoust: "Journalistische Qualität ist zum Glück ein Gut, das nicht durch Verknappung wertvoller wird, sondern das im Gegenteil durch Verbreitung an Wert gewinnt." Der SWR-Intendant verglich die automatisierte Verlinkung von Video-Inhalten der öffentlich-rechtlichen Sender im Onlineangebot der Zeitungen mit einem journalistischen Zitat: "Es ist ein Zeichen der gegenseitigen Wertschätzung und eine gute journalistische Tradition, die wir eben nur in ein neues Medium überführen. Auch hier gilt: Vernetzung ist das Prinzip des Internet. Die Verspartung der Medienwelt stammt aus dem Zeitalter linearer Programme und Kanäle. In der Online-Welt gelten solche Grenzen nicht mehr. Das wissen die Nutzer längst - es ist Zeit, dass wir ihren Bedürfnissen nachkommen."

Quelle: SWF

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