Professor verärgert über "Zensur durch YouTube-Verantwortliche"
Archivmeldung vom 13.10.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer Professor für Kinderpolitik Michael Klundt äußerte sich im Interview mit RT DE zu der jüngsten Löschung mehrerer Videos der Initiative #allesaufdentisch auf YouTube. Die Initiative legte dagegen Klage vor dem Landgericht Köln ein, das ihr Recht gab. Dies berichtet das Magazin "RT DE".
Weiter berichtet RT DE: "Was halten Sie davon, dass einige Videos des Kanals #allesaufdentisch von YouTube gelöscht wurden?
Es gibt leider denen Recht, die die Meinungsfreiheit und den demokratischen Rechtsstaat akut bedroht sehen.
Dies ist nicht das erste Mal, dass YouTube Videos zum Thema Coronavirus entfernt hat. Was halten Sie von dieser Politik von YouTube? Wie wirkt sich das Ihrer Meinung nach auf die Diskussion über die Pandemie aus?
Die Empörungen gegen Zensur auf BILD.tv und in der FAZ sind meines Erachtens angemessen. Denn es geht ja offenbar auch nicht (mehr) um Kinderrechte, hier geht es auch eigentlich nicht mehr um Corona oder Impfen. Das Thema ist noch nicht einmal wirklich KenFM oder RT oder #allesaufdentisch; das Thema lautet jetzt aus meiner Sicht: Zensur durch YouTube-Verantwortliche in den USA als Einschränkung der Meinungsfreiheit in der BRD. Da hat BILD.tv es mal ganz richtig eingeschätzt: YouTube ist kein Wahrheitsministerium und kein Virologenausschuss und auch kein sogenannter Faktenchecker – und selbst wenn: Seit wann darf auf YouTube kein Blödsinn mehr hochgeladen werden? Ich dachte, das wäre deren Hauptgeschäft.
Nachdem die Videos gelöscht worden waren, reichten die Initiatoren eine Klage gegen die Entscheidung von YouTube ein. Dem Landgericht Köln zufolge hat YouTube zwei Interviewclips zu Unrecht entfernt. Was sagt dies über die Kriterien aus, nach denen YouTube Videos entfernt? Bedeutet das, die Plattform handelt willkürlich?
Wenn ich die Berichterstattung richtig verfolgt habe, hat YouTube zusätzlich zu den gelöschten Videos als Strafe vollzogen, dass das aktuelle Video mit der ehemaligen Bundesfamilienministerin erstmal nicht auf YouTube hochgeladen werden darf. Kristina Schröder und ich haben sicherlich völlig unterschiedliche Ansichten über Familien- und Sozialpolitik, und trotzdem halte ich es im Sinne von Voltaire für ein Minimum, dass sie sich frei äußern können muss.
Es scheint so, dass YouTube entscheiden will und kann, wer über was in Deutschland sprechen darf. Das muss aufhören – und zwar unabhängig davon, ob man die Aussagen der Zensierten teilt oder nicht, denke ich. Und dass deren Aussagen im hiesigen Fall von #allesaufdentisch nicht "grundgesetzwidrig" oder "wissenschaftsfeindlich" sind, scheint wohl auch der FAZ und BILD.tv zufolge außer Zweifel zu sein. Sie sind auf jeden Fall nicht so "menschenfeindlich", wie zum Teil Böhmermanns Ziegen-Gedicht gegen Erdoğan, das wir alle als Meinungsfreiheit verteidigen durften und dafür nun mit Böhmermanns Meinungsdiktat nach Erdoğanschem Rezept bestraft werden sollen (siehe seine Einladungsdirektiven gegenüber Lanz/ZDF hinsichtlich der Virologen Streeck und Kekulé).
Warum haben Sie sich persönlich für die Teilnahme am Projekt #allesaufdentisch entschieden?
Bei allen Unterschieden zwischen der ehemaligen Familienministerin und mir sehe ich einige Gemeinsamkeiten in der Beurteilung der Kinderrechte in der Corona-Krise. Selbstverständlich spreche ich nur für mich. Mir ging es vor allem darum, dass seit Beginn der Corona-Krise in Deutschland elementare Schutz-, Fürsorge- und Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen verletzt wurden und verschiedene Regierungsmaßnahmen überdies zur Verstärkung von Kinderarmut beigetragen haben. Das Kindeswohl wurde während der Pandemie durch Entscheidungen der politisch Verantwortlichen nicht vorrangig berücksichtigt, wie in der seit 1992 als Bundesgesetz gültigen UN-Kinderechtskonvention vorgeschrieben (Art. 3). Viele Studien und Stellungnahmen beweisen, dass eine – politisch mit zu verantwortende, strukturelle – Kindeswohlgefährdung im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention und des SGB VIII vorliegt, besonders im psycho-sozialen Bereich.
Kinder waren und sind von allen Altersgruppen am wenigsten durch COVID-19 gefährdet, aber am schärfsten von fast allen Corona-Maßnahmen getroffen. Diejenigen, welche das über ein Jahr mitzuverantworten und verdrängt haben und inzwischen mit besonders großen Kokodilstränen die Leiden der Kinder hervorheben, nur um im gleichen Atemzug deren Kinderrechte zum Beispiel auf Bildung erst dann wieder zuzugestehen, wenn die Kinder alle geimpft seien, behandeln die Minderjährigen weiterhin wie zu instrumentalisierende Objekte.
Angesichts dessen sollten am Kindeswohl und an Kinderperspektiven anknüpfende Alternativen und Gegenstrategien als Erstes Maßnahmen gegen Armut und zur sozialen Absicherung der Kinder und Familien umfassen. Zweitens müssen die kinderrechtlichen Prinzipien des Kindeswohlvorrangs, des Schutzes, der Förderung und vor allem der Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und Jugendverbänden (wieder) aufgebaut bzw. umgesetzt werden. Damit verbunden sind drittens Maßnahmen für einen Ausbau der sozialen Infrastruktur im Wohnumfeld, vor allem mittels Jugendhilfe und offener Arbeit vonnöten. Eine zentrale Frage dabei wird sein, wer das bezahlen soll bzw. wie die Krisen-Kosten verteilt und wie die Krisen-Profiteure daran beteiligt werden.
Mit dem Projekt sollte eine Plattform für einen offenen Dialog über das Coronavirus geschaffen werden. Warum gibt es Ihrer Meinung nach einen Bedarf an einer solchen Plattform?
Wenn es noch letzter Beweise bedurfte, dass der veröffentlichte Diskurs offenbar einigermaßen vergiftet ist, so haben viele Medien-Reaktionen schon gegen #allesdichtmachen und nun gegen #allesaufdentisch sowie die Maßnahmen von YouTube gewisse Klarheit geschaffen.
Dass ein Großteil des mir ansonsten sehr nahen linksliberalen Medienspektrums bis hin zu Journalismus-Gewerkschaftern mit Schweigen und/oder Häme auf offensichtliche Verletzungen demokratischen Meinungspluralismus und rechtsstaatlicher Minimalstandards reagiert – die dieselben Leute lauthals skandalisieren würden, wenn sie in Hongkong, Minsk oder Moskau geschähen –, ist für mich eine bemerkenswerte Entwicklung. Ich hoffe sehr, dass wenigstens ein paar Akteure und Akteurinnen der unterschiedlichen Seiten (wieder) miteinander ins Gespräch kommen, denn die ökonomische, soziale, politische und nunmehr medial-ideologische Spaltung der Gesellschaft ist eine Gefahr für die Demokratie."
Quelle: RT DE