Margot Käßmann hat schon ihre Beerdigung geplant: "Nicht für mich gemacht, sondern für meine Töchter und für Andreas"
Archivmeldung vom 15.02.2023
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Freigeschaltet durch Mary SmithSie hat viel erlebt - und es war weiß Gott nicht alles positiv: Margot Käßmann, 64, hat eine Scheidung und zwei Krebserkrankungen hinter sich. 2010 trat sie als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland zurück, weil sie mit Alkohol am Steuer angehalten worden war. Doch die berühmte Theologin blickt nicht mit Unmut oder Bedauern auf Momente wie diese zurück, sondern sieht rundum zufrieden nach vorne. Käßmanns Geheimrezept: Dankbarkeit. Um die dreht sich alles in ihrem neuen Büchlein "Herzlichen Dank". FRAU IM SPIEGEL verriet die Hannoveranerin, für wen oder was sie in ihrem Leben dankbar ist - unter anderem für ihren Lebensgefährten Andreas Helm, 64 - und warum sie ihm zuliebe schon ihre Beerdigung geplant hat. Er war Käßmanns Jugendliebe. Nach 40 Jahren Funkstille trafen sie sich 2014 wieder und es machte ein zweites Mal klick.
Dankbarkeit ist für sie eine Lebenshaltung: "Ich bin zum Beispiel dankbar dafür, dass ich in einem Land lebe, in dem es keinen Krieg gibt. Ich muss da an meine Mutter denken, die mit 91 starb. Im hohen Alter war sie dankbar für alles, was sie noch tun konnte, statt zu sagen: ,Hach, was ich alles nicht mehr kann. Wie schrecklich ist das Leben!' Viele Menschen sehen gar nicht mehr, was sie haben, sondern starren nur auf das, was sie nicht haben."
Käßmann wird im Juni 65. "Und wenn ich zurückblicke, bin ich eigentlich für alles dankbar. Ich war immer gerne Pfarrerin, weil du da nah bei den Menschen bist. Ich bin auch dankbar für meinen Glauben, der mich durch Höhen und Tiefen getragen hat. Ich bin dankbar für vier Kinder und sieben Enkel. Und mit dem Alter auch immer mehr für alles, was meine Eltern für mich getan haben."
Was sie damit meint? - "Ich durfte studieren, das war nicht selbstverständlich. Ich komme nicht aus einer Akademikerfamilie. Meine Eltern hatten beide einen Volksschulabschluss und betrieben eine Tankstelle. Heute sehe ich ihre Lebensleistung nach dem Krieg."
Margot Käßmann denkt, dass ihre Töchter ihr oft dankbar für ihre Unterstützung sind. "Besonders, wenn ich ihnen bei der Betreuung ihrer Kinder helfe. Ich habe immer versucht, alles für sie zu tun. Das hört ja nicht auf. Auch jetzt nicht, wo meine älteste Tochter 40 Jahre alt ist", erzählt sie.
"Das mit der Familienerweiterung" sei toll und "ging vor allem sehr schnell". 2011 habe sie "unser Häuschen auf Usedom erwerben" können. "Da war noch keine Tochter verpartnert oder verheiratet und kein Kind in Sicht." Jetzt werde ihr jüngster Enkel bald drei und die Älteste sei zehn.
Wie es mit der Liebe steht? - "Auch dafür bin ich dankbar", betont sie. "Es ist ja wirklich selten, dass man in meinem Alter noch einmal eine Beziehung eingeht."
Sie und Andreas Helm wohnen getrennt. "Er in Gießen und ich in Hannover. Trotzdem sind wir die meiste Zeit zusammen. Wenn ich zu ihm komme, hat er aufgeräumt und gekocht, andersherum ist es genauso. Andreas spielt Theater in Gießen und seine Mutter lebt in der Nähe." Es sei wichtig, auch diese Beziehung zu pflegen.
Das Paar verbringt so viel Zeit wie möglich auf Usedom. "Außerdem hat Andreas wie ich vier Kinder und inzwischen zwei Enkelkinder, daher sind wir viel unterwegs", so Käßmann . "Wir sind noch sehr mobil und das nutzen wir aus, so lange wir es können. Aber wir sind uns bewusst, auch durch Einschläge im Freundeskreis, dass sich das ganz schnell ändern kann, etwa wenn jemand einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder was weiß ich was hat."
Was sie dann tun würden? - "Die Wohnung in Hannover ist barrierefrei, da könnten wir beide zusammen wohnen, auf Usedom auch."
Heiratspläne haben sie im Moment nicht. "Wir sind gut und gerne zusammen und haben auch nicht vor, uns zu trennen", erklärt Käßmann. "Manchmal frage ich mich, ob eine Heirat in unserem Alter überhaupt noch nötig ist. Was wir uns zu sagen haben, haben wir uns gesagt. Wir sind in Gottesdiensten gewesen und haben dort Gottes Segen bekommen."
"Betreuungsvollmacht, Patientenverfügung, Besuchsvollmacht - das haben wir alles geregelt." Auch die Wünsche für den Todesfall seien geklärt. "Sogar die Lieder in meinem Trauergottesdienst stehen fest, genauso wie der Psalm und der Predigttext", sagt sie. "Als Pfarrerin habe ich oft erlebt, wie traumatisierte, trauernde Angehörige dasitzen und nicht wissen: Wünschte sich der Verstorbene einen Sarg? Eine Urne? Soll die Asche verstreut werden? Es ist wesentlich einfacher, wenn alles vorab festgelegt ist. Das habe ich nicht für mich gemacht, sondern für meine Töchter und für Andreas. Damit sie wissen, was zu tun ist. In einem zwei Seiten langen Brief habe ich alles aufgeschrieben."
Zu ihrem 65. Geburtstag verrät sie: "Da meine Familie so groß geworden ist, kommen wir nicht mehr zusammen in Usedom unter, daher habe ich alle für ein Wochenende nach Timmendorf in ein Hotel eingeladen. Darauf freuen wir uns."
Quelle: Frau im Spiegel (ots)