Journalisten fürchten um den Informantenschutz
Archivmeldung vom 22.03.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Internet wird zunehmend für kriminelle Machenschaften genutzt. Deshalb fordern Politiker zusätzliche Kompetenzen für die Fahnder. Journalisten sehen die Entwicklung allerdings skeptisch. Sie fürchten um den Schutz ihrer Informanten, so das Fazit einer Podiumsdiskussion im Haus der Presse in Berlin.
Auf Einladung des
Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der dpa-Tochter
news aktuell diskutierten Experten aus Politik und Journalismus über
das Thema "Staat surft mit - Journalisten unter Generalverdacht?".
Die Veranstaltung wurde von Cicero-Chefredakteur Dr. Wolfram Weimer
moderiert.
Wolfgang Bosbach, Stellvertretender Vorsitzender der
CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, unterstrich die Notwendigkeit der
Vorratsdatenspeicherung im Zeitalter von internationalem Terrorismus
und den präventiven Charakter des geplanten Gesetzes: "Die heutige
Sicherheitslage erfordert sichere Rechtsgrundlagen für ermittelnde
Behörden und Nachrichtendienste. Die Prävention spielt bei der
Bekämpfung des Terrorismus eine immer wichtigere Rolle."
Dr. Stefan Geiger, Politischer Korrespondent der Stuttgarter
Zeitung, hob die Konsequenzen hervor, die sich aus der neuen
Gesetzeslage für den Journalismus ergeben würden: "Ich sehe eine
große Gefahr für den investigativen Journalismus. Die
Vorratsdatenspeicherung wird dazu führen, dass unsere Informanten
sich nicht mehr bei uns melden und dass wir die herkömmlichen
Kommunikationsmittel nicht mehr nutzen werden."
Dass das Internet-Zeitalter neue Herausforderungen für die
Kriminalitätsbekämpfung mit sich bringt, betonte BKA-Präsident Jörg
Ziercke. "Wir haben es heute mit einer verstärkten Anonymisierung der
Straftäter zu tun, die das Internet für Terrorismus und
Kinderpornografie missbrauchen. Deshalb brauchen wir die richtigen
Instrumentarien, wie die Vorratsdatenspeicherung und die
Online-Durchsuchung." Beim "Fall Cicero" sei der investigative
Journalismus deutlich über seine Grenzen gegangen, so Ziercke.
Moderator Dr. Wolfram Weimer wies dies entschieden zurück und setzte
die vom BKA-Präsident initiierten Maßnahmen im Zusammenhang mit der
Cicero-Affäre mit einem Verfassungsbruch gleich.
Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, wies darauf hin, dass alle Bürger gleichermaßen von der Vorratsdatenspeicherung betroffen sein werden: "Jegliche Form der Telekommunikation wird für die Sicherheitsbehörden zukünftig nachvollziehbar sein." Allein die Möglichkeit der Überwachung "wird bei den Menschen dazu führen, dass sie sich nicht mehr so äußern, wie sie es eigentlich tun würden. Mehr Überwachung führt nicht zu mehr Sicherheit", warnte Schaar.
Quelle: Pressemitteilung news aktuell