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Attac kapert «Die Zeit»

Archivmeldung vom 23.03.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.03.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Gelungene Kopie: Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat 150.000 gefälschte Exemplare der Wochenzeitung «Die Zeit» in Umlauf gebracht. Der «Zeit»-Verlag zeigte sich erstaunt über die hohe Qualität der Imitation.

ttac-Aktivisten haben am Wochenende in rund 100 Städten 150.000 täuschend echte Plagiate der Wochenzeitung Die Zeit verteilt. Statt Meldungen von gestern enthalte die Fälschung «Nachrichten der Zukunft», erklärten die Globalisierungskritiker. Als Erscheinungsdatum ist der 1. Mai 2010 angeben, die Schlagzeile auf der Titelseite lautet «Am Ende des Tunnels». Der Hamburger Zeit-Verlag sieht die Aktion eher gelassen: Man plane keine rechtlichen Schritte.

Attac-Aktivistin Jutta Sundermann sagte, die aktuellen Berichte über die «globale Wirtschafts-, Finanz- Hunger- und Klimakrise» ließen viele Menschen hilflos zurück. «Wir haben deshalb die Zeit weitergedreht und die Nachrichten verfasst, die wir morgen lesen wollen - nicht über ein fernes Paradies, sondern über konkrete Verbesserungen, die denkbar und erstreitbar sind.» Ziel sei es, die Vorstellungskraft der Leser zu erweitern und ihnen Mut machen, sich politisch zu engagieren.

Unter www.die-zeit.net ist zudem eine Attac-Website online, die der Originalseite zeit.de bis ins Detail nachempfunden ist. Man habe die Zeit gekapert, heißt es dort. Die Idee eines Zeitungs-Plagiats zur Wirtschaftskrise stammt von der amerikanischen Gruppe Yes-Men, die 2008 eine gefälschte New York Times veröffentlicht hatten.

Der Zeit-Verlag schloss rechtliche Schritte gegen Attac aus. «Eine Fälschung der Zeit, Print wie Online, können wir natürlich niemals billigen - insbesondere nicht in dieser guten Qualität», hieß es. Attac spielte den Ball zurück: «Das Lob von Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo für die hohe Qualität unserer Fälschung freut uns sehr», sagte Jutta Sundermann.

Die Aktion sei «ohne große Kohle» möglich gewesen: Für Attac fielen lediglich die Kosten für Druck und Versand der Zeitung an. Diese lägen bei rund 15.000 Euro und seien fast durch Spenden gedeckt. «Die Reaktionen auf unseren aus Geheimhaltungsgründen nur im kleinen Kreis gestreuten Spendenaufruf waren überwältigend.»

Zu den Autoren der sogenannten Zeit-Zukunftsausgabe zählt etwa der Journalist und Buchautor Harald Schumann, der unter der Überschrift «Zeit der Abrechnung» von einem imaginären G20-Treffen in Brasilia berichtet, bei dem sich die Industrie- und Schwellenländer auf eine weitreichende Besteuerung großer Privatvermögen und internationaler Konzerne geeinigt haben. Der Wirtschaftsjournalist Lucas Zeise beschreibt in «Ende einer Ära» die Veränderung der deutschen Bankenlandschaft nach einem Untergang zahlreicher Privatinstitute.

Weitere Artikel berichten über das imaginäre Ende der Nato, von Schuldenerlassen für arme Länder und einer dezentralen Konferenz der Weltgesellschaft gegen Hunger. Auch fiktive Anzeigen echter Unternehmen für echte Produkte sind enthalten. Die letzte Seite blickt zurück auf die für den 28. März in Berlin und Frankfurt am Main geplanten Demonstrationen unter dem Motto «Wir zahlen nicht für eure Krise».

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