"Charlie Hebdo" verteidigt Aylan-Karikaturen
Archivmeldung vom 17.09.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Chefredakteur der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo", Gérard Biard, hat es verteidigt, das zwei Karikaturen in der aktuellen Ausgabe auf das Foto des toten Flüchtlingsjungen Aylan anspielen.
Im rbb sagte Biard am Donnerstag, es sei nicht das Ziel gewesen, mit dem Bildern nur zu schockieren. Vielmehr gehe es darum, die Menschen zum Nachdenken zu bringen:
"Mit dem Foto des töten Flüchtlingsjungen ist ein Gefühl der Empörung entstanden - aber keine Reflexion. Die Satire muss nun in Perspektive setzen, was es bedeutet. Sie soll die Aufmerksamkeit auf den Sinn eines Ereignisses lenken, auf den Sinn einer Persönlichkeit oder einer Tagesaktualität."
Die Redaktion von "Charlie Hebdo" wird am Donnerstagabend (19:30 Uhr) mit dem Potsdamer M 100 Media Award ausgezeichnet.
Biard: M100 Media Award würdigt das Recht auf Blasphemie
Die Redaktion der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo wird heute Abend mit dem Potsdamer M 100 Media Award ausgezeichnet. In der jüngsten umstrittenen Ausgabe sind u.a. zwei Karikaturen zu sehen, die auf das Foto des toten Flüchtlingsjungen Aylan anspielen. Steen Lorenzen hatte Gelegenheit, vorab ein Interview mit dem Chefredakteur Gérard Biard zu führen.
Biard sagte am Donnerstag (17.September 2015 um 15.30h) auf radioeins vom Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb) zu Beginn:
"Diesen Preis zu erhalten, freut uns, denn er kommt von der gesamten deutschen Presse. Er würdigt und ehrt nicht nur, was wir vertreten, sondern auch das Recht auf Meinungsfreiheit und Gewissensfreiheit und das Recht auf Blasphemie. Das ist natürlich wichtig."
Weiter sagte Biard: "Aber es stimmt auch, dass wir bittere Gefühle haben. Denn vor dem 7.Januar fühlten wir uns sehr alleine in dem Kampf, der ja vor allem ein politischer Kampf war, gegen den radikalen Islamismus und gegen alle Religionen, sobald sie auf die politische Bühne treten."
Wie ist die Atmosphäre und der Zustand der Redaktion jetzt, acht Monate nach den Attentaten?
"Vor allem versuchen wir, das zu tun, was wir immer machen, und in den letzten 23 Jahren getan haben. Und wir versuchen, das Ganze noch mindesten 23 Jahre lang fortzuführen. Es gibt gemischte Gefühle in unserer Redaktion. Je nachdem, wer bei dem Attentat anwesend war. Ich habe die toten Körper meiner Kollegen nicht gesehen, aber andere haben sie gesehen und es erlebt. Ich kann nicht für sie sprechen, aber ich verstehe, wie sie sich fühlen. Andererseits muss ich sie auch zum Weitermachen antreiben."
Quelle: Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) (ots)