Doris Dörrie "Ich habe mich viel mit Männern geschlagen."
Archivmeldung vom 05.03.2014
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Freigeschaltet durch Doris OppertshäuserAm Montagabend startete die Gesprächsreihe BRIGITTE LIVE "Die Stunde der Frauen" in den Hamburger Kammerspielen mit Doris Dörrie. Im Interview mit Chefredakteurin Brigitte Huber sprach die Regisseurin und Autorin über das Reisen, Männer, Ängste und ihre Arbeit und erlaubte dem Publikum sehr persönliche Einblicke in ihr Leben. So spricht Dörrie über Wut und erklärt: "Ich habe mich viel mit Männern geschlagen - Zuhälter, Bauarbeiter, Redakteure, Neonazis." Sie habe das getan, weil sie sich in Situationen hilflos gefühlt hat. Mutig findet sie das aus heutiger Sicht allerdings nicht, sondern eher "dämlich".
Das Gespräch dreht sich immer wieder um das Thema Männer, deren Verhalten auch die Vorlage für den Film lieferten, der für sie im Jahr 1985 den Durchbruch bedeutete - "Männer": "Ich habe diese Männer beobachtet, weil ich mit ihnen in Wohngemeinschaften gelebt habe, und ihr Verhalten hat mich amüsiert." Was sie an Männern stört: "Oft ärgert mich ihre Feigheit, dass sie bei Konflikten sehr schnell zurückweichen und diese nicht austragen." Auf die Frage, ob Männer es leichter haben als Frauen, antwortet sie: "Ich habe das Gefühl, dass ich es als junge Frau sehr viel einfacher hatte, weil ich jung war, sehr oft Minirock trug und weil ich die Einzige war. Ich war so etwas wie der Unterhaltungsfaktor, ich war immer die Ausnahme."
Auf der anderen Seite stellt sie nach 35 Jahren Filmemachen fest, dass sie im Kulturbetrieb nicht so ernst genommen werde: "Das ist eine sehr männliche Bastion." Und sie ist eine Befürworterin der Frauenquote: "Ich bin seit 17 Jahren Professorin an der Filmhochschule. Seit 17 Jahren gibt es nur zwei Professorinnen, eine davon bin ich. Es ist nicht schön, dass wir die Quote brauchen, aber es scheint so, dass wir sie brauchen."
Doris Dörrie, die gerade von einer längeren Japan-Reise zurückgekehrt ist und als nächstes nach China reisen wird, liebt die Ferne: "Es ist schwierig für mich, über eine längere Zeit zu Hause zu sein. Ich fühle mich zu Hause und bin mehr ich selbst, wenn ich fremd bin", erzählt sie, und weiter: "Ich fühle mich in der Fremde wohl und bin zufriedener, wenn ich nicht alles kenne". Häufig hält sie sich für mehrere Wochen in einem Land auf, bis zu drei Monate. Heimweh empfinde sie dann nie, sie kennt nur Fernweh.
Die Künstlerin schätzt das Bett als Ort der Kreativität und gesteht: "Ich habe bis heute die Vorliebe, im Bett zu schreiben. Man muss diesen Zustand nutzen zwischen wirklich wach sein und noch ein bisschen verschlafen sein, weil man sich in diesen Momenten am wenigsten kontrolliert, weniger kritisch ist und so am besten schreiben kann."
Quelle: Gruner+Jahr, BRIGITTE (ots)