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Böge: „Wir sind Schiedsrichter, nicht Spielverderber"

Archivmeldung vom 10.05.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.05.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der Präsident des Bundeskartellamtes, Ulf Böge, hat die Ablehnung der Übernahme von ProSiebenSat.1 durch die Axel Springer AG verteidigt. „Wir mussten bei dieser geplanten Übernahme crossmediale Effekte mit einbeziehen, denn durch die Verbindung verschiedener Medien wäre eine marktbeherrschende Stellung entstanden", sagte Böge bei einem Meet-The-Press-Interview auf dem Medientreffpunkt Mitteldeutschland. Das Kartellrecht verbiete aber eine solche Stellung ausdrücklich.

Zugleich wies Böge Vorwürfe zurück, bei der genehmigten Übernahme von n-tv durch die RTL-Gruppe seien andere Kriterien zugrunde gelegt worden. Der Nachrichtensender hätte als solcher nicht weiterbestehen können. Das sei unter Experten „unbestritten". Bei einem Konkurs aber wäre der Marktanteil ohnehin dem Duopol auf dem TV-Markt zugefallen. Insofern handele es sich um eine Sanierungsfusion, wie sie das Kartellrecht ausdrücklich erlaubt.

Vehement verteidigte der oberste Wettbewerbshüter in diesem Zusammenhang auch die Pressefusionskontrolle. Selbstverständlich wünschten die großen Zeitungshäuser eine stärkere Marktdurchdringung und weitere Übernahmen. Das liege im Branchen- und Unternehmensinteresse. „Es liegt aber ganz gewiss nicht im volkswirtschaftlichen Interesse und ich hoffe, dass dieses auch in Zukunft überwiegt", so Böge.

Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Auswirkungen von Quasi-Monopolen wie etwa auf dem Gasmarkt. Dort hätten die langen Vertragslaufzeiten massiv den Wettbewerb behindert. „Übertragen Sie das mal auf die Medienbranche. Dann hätten wir italienische Verhältnisse."

Er wandte sich damit erneut gegen frühere Überlegungen aus der Politik, das Fusionsrecht zu modifizieren oder ganz zu kappen. Denn bestünde auf einem Markt erst einmal eine marktbeherrschende Stellung, hätte der Staat mit deren Missbrauch zu kämpfen. Das verursache nicht nur enorme Kosten. Der Staat müsste letztlich massiv in das Verhalten der Unternehmen eingreifen, statt wie heute im Vorfeld in deren Strukturen einzugreifen. „Das Fusionsrecht war ein Schritt weg vom Staat - hin zu Marktstrukturen, die von sich aus Wettbewerb ermöglichen."

Der Kartellamtschef warnte zugleich vor einer Generalisierung des Falles Springer. Man könne im Kartellrecht nicht pauschalisieren. Es gebe lediglich Einzelfälle. So könnten etwa zwei Zeitungshäuser aus benachbarten Märkten durchaus fusionieren, wenn etwa ein dritter stärkerer Konkurrent in der Nähe sei. „Wir sind nicht die Spielverderber, wir sind die Schiedsrichter in dem Spiel."

Quelle: Pressemitteilung Medientreffpunkt Mitteldeutschland

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