Bibelforscher Thomas Söding: Papst-Kapitel zum Prozess Jesu theologisch und politisch äußerst brisant
Archivmeldung vom 04.03.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Vorabdruck aus dem neuen Papst-Buch über Jesus von Nazareth sorgt schon vor seinem offiziellen Erscheinen für Aufmerksamkeit. In den veröffentlichten Kapiteln geht es auch um den Prozess. Der renommierte Bibelwissenschaftler Thomas Söding, Professor für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum, hält dieses Kapitel für "theologisch und politisch äußerst brisant".
"Es geht schließlich um die Frage nach der Schuld am Tod Jesu. Und da gibt es die lange ungute Tradition, Juden als Gottesmörder hinzustellen. Daraus leitete man Jahrhunderte lang furchtbare Exzesse von Gewalt gegen Juden ab", sagte er den Zeitungen der Essener WAZ Mediengruppe.
Zwar seien die Erkenntnisse des Papstes nicht neu. Die Kirche habe sich seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil intensiv mit der Frage auseinander gesetzt, in wieweit die Evangelien dem Antisemitismus Nahrung gegeben haben könnten. Und sie habe diesen Verdacht deutlich widerlegt. "Genau in diese Richtung geht auch das Kapitel des Papst-Buches", erklärt der Wissenschaftler, der auch Mitglied der Internationalen Theologen-Kommission im Vatikan ist. #Im Zusammenhang mit der Affäre um die umstrittene Pius-Bruderschaft erhalte es aber eine besondere Bedeutung. Benedikt XVI. hatte 2009 die Exkommunikation von vier Traditionalisten-Bischöfen aufgehoben, unter ihnen war Richard Williamson, der den Holocaust leugnet. Damals wurde auch der Verdacht laut, Benedikt könne insgeheim vielleicht mit solchen Gruppierungen sympathisieren. "Dieses Kapitel zeigt nun aber ganz deutlich: Das trifft auf gar keinen Fall zu."
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung