Medienwächter im Internet: Landesmedienanstalt als neue Zensurbehörde?
Archivmeldung vom 19.02.2021
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Freigeschaltet durch Anja SchmittÜberall soll verstärkt gegen Falschmeldungen und Hassreden im Internet vorgegangen werden. Die großen US-Techkonzerne haben damit begonnen, sogar frühere US-Präsidenten dauerhaft zu sperren und zu löschen. Auch in Deutschland sind Medienwächter aktiv. Allerdings mitunter mit fragwürdigen Zielen und Methoden, meint unser Gastautor....so berichtet das russische online Magazin „SNA News“.
Weiter ist auf deren deutschen Webseite dazu folgendes geschrieben: "Rechtzeitig zum Aschermittwoch 2021 erhielten KenFM und weitere 12 Medienplattformen ein Schreiben von der Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB), in dem ihnen die Nicht-Einhaltung journalistischer Sorgfaltspflicht unterstellt wurde. Dabei bezog sich die Landesmedienanstalt auf vier Beiträge, schränkte jedoch ein, dass es sich hier lediglich um Beispiele handele. Trotzdem wurde den Portalen mitgeteilt, dass sie "generell" unter Verdacht stünden, unsauber zu arbeiten.
Art. 5 GG: Eine Zensur findet nicht statt
Die Verantwortlichen der Landesmedienanstalt haben dabei anscheinend den Art. 5 des Grundgesetzes aus den Augen verloren, in dem es gleich zu Beginn heißt:
„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“
Da nur die Pressefreiheit allseitig meinungsbildende Informationen sicherstellt, misst die Rechtsprechung diesem Grundrecht eine hohe Bedeutung zu. Wie bei allen anderen Freiheitsrechten handelt es sich beim Art. 5 GG auch um ein Abwehrrecht des Bürgers gegen staatliche Eingriffe in die geschützten Freiheitsbereiche. So sind die „Rundfunkanstalten zu Ausgewogenheit, Unparteilichkeit , Objektivität und zur Einhaltung der journalistischen Sorgfalt verpflichtet.“
Zwei Wächter der Pressefreiheit: Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam
In einem Telepolis-Interview mit dem Journalisten Marcus Klöckner, Anfang April 2016 nahmen die beiden ehemaligen NDR-Mitarbeiter Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam zu ihren damals schon an die 100 Programmbeschwerden bei den Öffentlich-Rechtlichen Stellung.
Die Fernsehberichterstattung sei „regierungsfromm, tendenziös, defizitär, agitatorisch, propagandistisch und desinformativ“, es würde Partei ergriffen und Objektivität hintangestellt. Insgesamt attestieren Klinkhammer und Bräutigam den Öffentlich-Rechtlichen – von einigen Lichtblicken einmal abgesehen – „eine schwere Schlagseite im Hinblick auf den Informationsauftrag“.
Auslöser für ihre Programmbeschwerden war für beide die Berichterstattung aus der Ukraine 2014.
Nach dem Pogrom in Odessa hatte Klinkhammer der Redaktion die Fehler in der Berichterstattung nachgewiesen und aufgezeigt, welche wesentlichen Punkte ausgelassen wurden. Als Antwort seien nur Textbausteine mit lauen Dankesformeln und dem Wunsch, „ich möge ARD-aktuell gewogen bleiben“, gekommen. Diese Ignoranz habe sich sogar noch fortgesetzt, nachdem der ARD Programmbeirat die Ukraine-Berichterstattung bereits massiv kritisiert hatte. Die verfälschende und betont russophobe Tendenz ging weiter.
Bei Volker Bräutigam brachte die Meldung, dass eine Gruppe von 13 NATO-Offizieren, angeführt von einem Oberstleutnant der Bundeswehr, von angeblich "prorussischen" Autonomisten festgenommen worden sei, das Fass zum Überlaufen.
Die Nato-Soldaten – von den Medien als "OSZE-Militärbeobachter" deklariert (was die OSZE unmittelbar dementierte) – waren nicht in Uniform und regelwidrig bewaffnet, und ihre Tätigkeit war somit ein Bruch zahlreicher Völkerrechts- und Vertragsnormen. Dieser Skandal von westlicher Seite wurde als Unrechtshandlung der Autonomisten dargestellt.
"Tagesschau ein äußerst wirksames Instrument der Indoktrination"
Für Bräutigam und Klinkhammer ist die Tagesschau ein äußerst wirksames Instrument der Indoktrination, auch hinsichtlich der Berichterstattung über China.
Zu diesem Komplex hatte schon 2010 interessanter Weise die den Grünen nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung die Studie "Die China-Berichterstattung in den deutschen Medien" herausgegeben. Darin wurden insgesamt über 8.700 Beiträge in sieben deutschen Leitmedien, darunter Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, taz, Spiegel, Focus, Zeit sowie die Nachrichtenformate von ARD und ZDF für das Jahr 2008 untersucht. Das Ergebnis war für den deutschen Mainstream beschämend: „unreflektierte Nutzung von kollektiv abwertenden Schlagwörtern“, „unzulässige Pauschalierungen “ („die Chinesen“), „fehlender Aufbau von Hintergrundwissen“ sowie „mangelndes China-Wissen und fehlende Reflexion“.
In den letzten 12 Jahren hat der mediale Ton noch an Schärfe zugenommen. Als am 28. Dezember 2020 die 37-jährige chinesische Juristin Zhang Zhan wegen ihrer Kritik an behördlichen Maßnahmen gegen die Covid-19-Pandemie von einem chinesischen Gericht zu vier Jahren Gefängnis verurteilt wurde, malten die Medien unter Ausklammerung von Details und Hintergründen das Bild vom chinesischen Staatsterror an die Wand. Die Berichterstattung von ARD-aktuell über die sogenannte „Bürgerjournalistin“ geriet zum klassischen Propagandafilm . Das ARD-Studio Shanghai stellte Zhang als bedauernswertes Opfer chinesischer Behördenwillkür und als Ikone der Meinungsfreiheit dar. Laut Anklageschrift wurde der Bloggerin vorgeworfen, „eine große Menge an falschen Informationen“ auf WeChat, Twitter und YouTube verschickt, „Interviews mit den Überseemedien Radio Free Asia und Epoch Times angenommen und böswillig aufrührerisch über die epidemische Situation in Wuhan“ berichtet zu haben. Damit hat sie sich in China eindeutig gesetzeswidrig verhalten.
Die üblichen westlichen Doppelstandards
“Böswilliges Aufwühlen” ist sinngemäß der gleiche Vorwurf , den Bundespräsident Steinmeier und Kanzlerin Merkel den Kritikern der deutschen Anti-Pandemie-Politik machen und der in den staatstragenden Massenmedien kolportiert wird. Gerichtet ist er an Zeitgenossen, die sich gegen den kommunikationspolitisch katastrophalen Umgang der Regierung mit der Pandemie wehren, gegen seine Ineffizienz sowie seine sozialen und wirtschaftlichen Nebenwirkungen. Aber in der Berichterstattung über chinesische und über deutsche Kritiker der Anti-Pandemie-Maßnahmen gelten ersichtlich Doppelstandards.
Friedensdemonstrationen in Deutschland, die sich gegen die ständige Aufrüstung und Kriegstreiberei der Nato wenden, werden meist einfach ignoriert, und Demonstrationen gegen das Corona-Krisenmanagement werden bei ARD-aktuell abfällig als „Jahrmarkt der kruden Ideen“ bezeichnet. Nach Klinkhammer arbeiten die öffentlich-rechtlichen ebenso wie die kommerziellen Nachrichteninstitute einseitig und manipulativ. Sie erweisen sich damit als diskursunfähig
Wie in den schlimmsten Zeiten der Berufsverbote werden Corona-Verharmloser und Quertreiber mit Hilfe staatlicher Behörden (Verfassungsschutz) überwacht und schikaniert, von den Medien zu Rechtsextremisten gestempelt und weitgehend aus dem normierten gesellschaftlichen Diskurs gedrängt.
Dagegen werden die Oppositionellen der Länder, die als strategische Rivalen gelten – Russland und China – und der Länder, in denen ein völkerrechtswidriger Regime-Change vorbereitet wird, als Freiheitskämpfer, Menschenrechtsaktivisten oder führende Oppositionspolitiker vorgestellt und je nach Gusto als Opfer oder Helden verklärt.
Die Liste ist lang: Juan Guaidó aus Venezuela, Swetlana Tichanowskaja aus Weißrussland, Julia Timoschenko aus der Ukraine, Alexei Nawalny aus Russland, Joshua Wong aus Hongkong, und– nach dem Aktionskünstler Ai Wei-wei (u.v.a.) aus China – nun eben auch Zhang Zhan.
Wirkliche Helden wie Edward J. Snowden und Julian P. Assange, die für die Aufklärung der Öffentlichkeit ihr Leben riskierten, haben keine Sympathie von den deutschen Mainstream-Medien zu erwarten. Sie brachten unter Einsatz ihres Lebens und ihrer Freiheit verbrecherische Machenschaften der westlichen Wertegemeinschaft ans Tageslicht. Snowden, ehemaliger CIA-Mitarbeiter, gab durch seine Enthüllungen Einblicke in das Ausmaß der weltweiten Überwachungs- und Spionagepraktiken von Geheimdiensten. Assange, Gründer und Sprecher der Enthüllungsplattform WikiLeaks, machte geheim gehaltene Dokumente allgemein zugänglich. Joe Biden verlangt seine Auslieferung an die USA, um ihm dort den Prozess zu machen. Snowden hat in Russland Asyl erhalten. Beiden wurde das Recht auf Asyl in der EU verwehrt, da ihnen die USA Straftaten vorwerfen. Doch wieviele Asylanten wurden und werden bei uns aufgenommen, weil sie politisch verfolgt werden und ihnen Freiheitsentzug oder mehr droht?
Meinungsvielfalt Voraussetzung für fruchtbaren Diskurs
Die Gleichschaltung der Medien setzte nach der Wiedervereinigung ein und fand im Krieg gegen den Terror ihre Vollendung. Im Unterschied zu früher gibt es nur noch wenige Nachrichtenagenturen, und die sind weltmarktbeherrschend und transatlantisch eingebunden: Associated Press, AP, Agence France Presse, AFP, Reuters; semiglobal agiert noch die Deutsche Presseagentur, DPA, sie kooperiert mit der AP. Anstatt inhaltlicher Vielfalt dominiert Uniformität.
Parallel dazu verzichten die Medien weitgehend auf eigenständige Recherchen. Die Autoren müssen sich aus einem „Recherchepool“ bedienen, das heißt, auf die Recherche Anderer zurückgreifen. Das ist Gleichschaltung! Damit haben sich die Medien von ihrer Rolle als mediale Wächter und Vierte Gewalt zurückgezogen und agieren nur noch als Lautsprecher der Regierung und ihrer Propaganda.
Das ist nicht friedenssichernd, sondern im höchsten Maße kriegstreibend. Bei derart einseitiger Berichterstattung, besonders gegen China und Russland, kann der Weltfrieden leicht unter die Räder geraten. Die Folgen sind nicht auszudenken. Anstatt Feindbilder und Fronten zu schaffen, sollten die öffentlich-rechtlichen Medien für Ausgleich und gegenseitiges Verständnis sorgen. Sollte es zum Krieg kommen, trüge die Tagesschau aufgrund des gegenwärtigen USA-, NATO- und EU-affinen Kurses von ARD-aktuell Mitschuld, so Klinkhammer.
Insofern ist ein Innehalten und Besinnen auf die genuine Aufgabe der Medien dringender geboten denn je.
Im November 2016 beleuchtete die Bundeszentrale für politische Bildung die für die Demokratie wichtige Funktion der Medien: Information, Meinungsbildung (freie und offene Argumentation für Mehrheiten und Minderheiten) sowie Kontrolle und Kritik (aufspüren und berichten über Missstände).
Medien tragen sowohl zur Stabilität des politischen Systems als auch zum stetigen Wandel der Gesellschaft aufgrund aktueller Entwicklungen bei, indem sie über alle wichtigen Bereiche der Gesellschaft, d. h. insbesondere Politik, Wirtschaft sowie Kultur und Soziales so vollständig, sachlich und verständlich wie möglich informieren, in freier und offener Diskussion zur Meinungsbildung beitragen und mit Kritik und Kontrolle durch investigativen (nachforschenden und aufdeckenden) Journalismus begleiten.
Diese Vorgaben der Bundeszentrale für politische Bildung müssen nur mit Leben gefüllt werden. Zum Selbstverständnis der Medien gehört es, wahrhaft aufzuklären und über eine Meinungsvielfalt in unserer Gesellschaft zu einem fruchtbaren Diskurs zu kommen.
Dieser Diskurs findet schon lange nicht mehr statt, trotz unzähliger Talkshows und Kabarettsendungen – überall sieht man die gleichen Leute, und überall wird ins gleiche Horn geblasen.
Doch "wo alle dasselbe denken, wird nicht viel gedacht." "
Quelle: SNA News (Deutschland)