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Der Tag der Doppelstandards und des Schönredens

Archivmeldung vom 04.05.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.05.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

In den meisten westlichen Medien wurde gestern der internationale Tag der Pressefreiheit mit den gleichen Ritualen begangen – gegenseitiges Schulterklopfen und Lobpreisen sowie verächtliches Fingerzeigen auf Andere, die belehrt werden müssen. Dabei ist es mit der westlichen Pressefreiheit nicht weit her. Staatliche Zensur ist dafür nicht nötig, schrieb Andreas Peter zu diesem Tag beim russischen online Magazin "Sputnik".

Weiter heißt es in seinem Kommentar auf der deutschen Webseite: "Wenn es um die an diesem Tag wie das Amen in der Kirche wiederkehrende Selbstbeweihräucherung westlicher Pressefreiheit geht, dann darf dieses Zitat nicht fehlen:

„Pressefreiheit ist die Freiheit von zweihundert reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.“

Geschrieben hat diesen Satz der Journalist Paul Sethe, einer der fünf Gründungsherausgeber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ). In einem Leserbrief an das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ schrieb Sethe am 5. Mai 1965 an seine Hamburger Kolleginnen und Kollegen unter anderem auch:

„Da die Herstellung von Zeitungen und Zeitschriften immer größeres Kapital erfordert, wird der Kreis der Personen, die Presseorgane herausgeben, immer kleiner. Damit wird unsere Abhängigkeit immer größer und immer gefährlicher. (…) Frei ist, wer reich ist.“ (Paul Sethe, Der Spiegel, 19/1965)

An dieser Analyse hat sich im Jahr 2019 nichts geändert, sondern ganz im Gegenteil – sie ist aktueller denn je. Das zeigen die Konzentrationsprozesse auf dem privatrechtlich organisierten deutschen Medienmarkt. Dort bestimmen inzwischen de facto nur noch drei große Medienkonzerne – Axel Springer, Bertelsmann und Burda – die Meinung. Über Hunderte Beteiligungen sind sie in praktisch allen so genannten Ausspielungswegen vertreten und bestimmen, was deutsche Zuschauerinnen und Zuschauer, Zuhörerinnen und Zuhörer und Leserinnen und Leser erfahren.

Doch darüber wird genauso ungern an einem solchen Tag gesprochen, wie an den Leserbrief von FAZ-Urgestein Paul Sethe erinnert wird. Er passt einfach nicht in die Selbstbelobigungen und moralischen Überhöhungen, die nötig sind, um auf andere herabzublicken und die üblichen Belehrungen von sich zu geben.

Was von der viel gepriesenen westlichen Pressefreiheit zu halten ist, erfährt jeder Journalist, der für ein Medium des Axel Springer-Konzerns arbeitet. Die dortigen Unternehmensgrundsätze, die unter anderem die Treue zur transatlantischen Ausrichtung, also die Vasallentreue zur westlichen Führungsmacht USA beinhaltet, sind verpflichtend für jeden Mitarbeiter der Axel Springer-Gruppe. Vergleichbare Verpflichtungen in anderen Medienhäusern mit anderen etwaigen politischen oder geostrategischen Ausrichtungen würden – da kann man Wetten drauf abschließen – das Fallbeil der Moralapostel im Hause Springer und anderenorts treffen.

Pressefreiheit, wie sie der Westen gerne propagiert, heißt eben auch das feige Zurückweichen vor Erpressungen der USA, also das Versagen der Solidarität mit Whistleblowern wie Julian Assange oder Edward Snowden. Es heißt aber auch die vorenthaltene Solidarität mit einem russischen Journalisten wie Kirill Wyschinski, dem Leiter des RIA Novosti-Büros in Kiew, der seit dem 15.Mai 2018 widerrechtlich festgehalten wird.

Pressefreiheit nach westlichem Verständnis heißt aber auch, dass es einer staatlichen Zensur gar nicht bedarf, gleichwohl es sie gibt, wenn es nötig werden sollte. Die Ausbildung der Journalisten und die Personalpolitik stellen sicher, dass die Selbstzensur zuverlässig funktioniert und als solche gar nicht wahrgenommen wird. Wie sich immer wieder beispielsweise an der Russland-Berichterstattung zeigt, die deshalb von immer mehr Menschen als einseitig und parteiisch empfunden wird, weil die allermeisten Journalisten gar nicht indoktriniert werden müssen, sondern aus freien Stücken der festen Überzeugung sind, dass Russland ein Bösewicht und der Westen in der Position des Moralapostels ist, der Belehrungen erteilen darf.

Und dabei immer wieder auf Werte pocht, die immer dann nichts gelten, wenn die Interessen des Westens dazwischenkommen, ganz gleich ob ökonomisch und/oder geostrategisch. Dann haben Demokratie und Rechtsstaat gerne auch mal Sendepause. Aber total frei eben. Hurra!"

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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