Wolf Biermann singt Nationalhymne "nicht gerne"
Archivmeldung vom 06.11.2019
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Freigeschaltet durch André OttDer Liedermacher Wolf Biermann hat zugegeben, die deutsche Nationalhymne "aus einem sentimentalen Grund" nicht gerne zu singen. In einem Gespräch mit dem Hamburger Magazin stern, dessen neue Ausgabe an diesem Donnerstag erscheint, berichtete Biermann, wie er 1943 mit seiner Mutter auf der Hamburger Mönckebergstraße gestanden habe, als eine Nazikompanie das Deutschlandlied gegrölt habe.
Biermann weiter: "Ein SA-Mann riss meiner Mutter den Arm zum Hitlergruß hoch und trat ihr dabei in den Hintern. Dafür kann Hoffmann von Fallersleben nichts, der in edler Einfalt und Liebe zu Deutschland dieses Lied dichtete. Der geniale Komponist Joseph Haydn schon gar nicht. Aber ich kann auch nichts dafür."
Biermann, der mit der Kanzlerin befreundet ist, zeigte sich beeindruckt, wie textsicher Angela Merkels Ehemann Joachim Sauer bei seinen, Biermanns, Liedern sei. "Dieser Professor kennt fast alle meine frechen frühen Lieder, die kaum einer kennt, sogar auswendig." Sauer habe die Heiterkeit eines Naturwissenschaftlers, die er von seinem Freund Robert Havemann kenne. Biermann bekannte, dass er beim Fall der Mauer vor Freude geweint habe. "Ich war glücklich, dass ich auf so wunderbare Weise unrecht behalten hatte."
Der 1976 aus der DDR ausgebürgerte Liedermacher sagte, er habe "nicht viele" der etwa 50.000 Seiten gelesen, die die Stasi über ihn angelegt habe. "Die Stasis waren mehr oder weniger kleine Arschlöcher, die wenig zu sagen hatten. Nach dem Sieg der friedlichen Revolution traten sie ihren finalen Dienst für die Herrschenden an, indem sie alle Prügel auf sich zogen. Geschickt eingefädelt von den Erben der SED-Diktatur".
Quelle: Gruner+Jahr, STERN (ots)