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Gemeinsame Veranstaltung der BLM und dem US-Generalkonsulat zu "Tendenzen im digitalen Journalismus"

Archivmeldung vom 25.03.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.03.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Dieter Schütz / pixelio.de
Bild: Dieter Schütz / pixelio.de

Die Zukunft des Journalismus lässt sich auch über eine kurze Zeitspanne von zwei bis drei Jahren nicht vorhersagen, allenfalls sind subjektive Prognosen möglich. Sowohl die Medien als auch der Journalismus befinden sich in einer Zeit des Übergangs, ohne dass man genau vorhersehen könnte, wohin die Reise letztlich gehen wird. "Wir sind in einer Phase des Trial and Error", so Christian Jakubetz, Keynote-Speaker und Moderator der Veranstaltung "Tendenzen im digitalen Journalismus: Partizipation, Spezialisierung, Experimente", zu der gestern Abend die BLM und das US-Generalkonsulat eingeladen hatten.

BLM-Präsident Schneider betonte in seiner Begrüßung, dass gerade im digitalen Journalismus die Vermittlung von Hintergrund- und Orientierungswissen immer wichtiger werde. Bei der Fülle der technischen Möglichkeiten, die Journalisten mittlerweile zur Verfügung stehen, komme dabei der Aus- und Fortbildung eine besondere Rolle zu: "Wer die Zukunft gestalten will, muss denen eine Zukunft geben, von denen die Zukunft gestaltet wird." Auch US-Generalkonsul William E. Moeller, der selbst als Journalist tätig war, betonte die wichtige Rolle, die dem Journalismus gerade im Internet-Zeitalter zukomme. Das Internet habe die Nachrichten demokratisiert, gleichzeitig aber falle es den Nutzern immer schwerer, zu entscheiden, welche Quellen vertrauenswürdig seien.

Christian Jakubetz beschrieb in seiner Keynote, dass Journalisten immer mehr zu Moderatoren des Geschehenen werden. In einer Momentaufnahme der aktuellen Entwicklung sieht er mehrere Tendenzen: Da ist einerseits der Trend zu einem Journalismus in Echtzeit. Das Geschehen werde zunehmend in Echtzeit abgebildet, eine journalistische Berichterstattung sei nie fertig. Journalisten werden auf diese Weise für das Publikum immer mehr zu Begleitern über den Tag. Außerdem sei das Bewegtbild dabei den Journalismus zu verändern. "Das Bewegtbild ist in Zukunft eine der Kernkompetenzen für alle, die mit Journalismus zu tun haben", so Jakubetz. Bezüglich "Meerkat" sei er allerdings nicht sicher, ob es eher ein Spielzeug sei oder ein Stück Zukunft des Journalismus.

In der Podiumsdiskussion bestätigten sowohl Julia Bönisch, Stv. Chefredakteurin von Süddeutsche.de als auch Martin Wanninger, Stv. Chefredakteur Passauer Neue Presse, dass es in den Redaktionen zu einer immer stärkeren Zusammenarbeit zwischen Print und Online komme. "Aber wir verschmelzen nicht. Es gibt jeweils Spezialisten für einen Kanal", so Bönisch. Deutlich wurden aber auch die unterschiedlichen Konzepte zwischen einer großen regionalen Tageszeitung wie der Passauer Neuen Presse und einer überregionalen Tageszeitung wie der Süddeutschen Zeitung. Während die SZ auch in Zukunft alle Themen umfassend in News und Hintergrund für ihre Leser aufbereiten wird, legt die PNP zumindest im Online-Bereich bereits jetzt ihren Fokus klar auf ihre Kompetenz als Heimatzeitung. "Wir werden auf absehbare Zeit den Mantelteil nicht weglassen, aber es geht in diese Richtung", so Wanninger.

Benjamin Ruth, Deutschlandchef von VICE, sieht ein großes Problem vieler Medien darin, alles machen zu wollen. VICE konzentriere sich mit seinen Inhalten auf den Kontext und nicht auf die News und spreche nur eine bestimmte Zielgruppe an.

Weder Ruth noch Bönisch können sich vorstellen, in Zukunft eigene Kanäle etwa auf Facebook zu starten, wie das die New York Times offenbar plant. "Auch wenn der Großteil des Traffics auf unserer Homepage durch Soziale Medien kommt, werden wir nicht nur für Soziale Medien produzieren. Facebook hat seine eigene Agenda, von der wir uns nicht abhängig machen wollen", sagte Ruth.

Christoph Neuberger, Prof. für Kommunikationswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit dem Spezialgebiet Medienwandel, warnte vor der Gefahr einer Überforderung des Journalismus. Der Journalismus solle sich auf seine Kernkompetenzen besinnen. "Wir haben in den vergangenen 20 Jahren gerade im Online-Journalismus viele Irrwege erlebt", so Neuberger. Die aktuelle Kritik am Journalismus, die im Schlagwort von der "Lügenpresse" Ausdruck findet, sei vor allem interessengesteuert. Er glaube, dass der Journalismus aktuell seine Kritik- und Kontrollfunktion in unserer Gesellschaft gut wahrnehme. Die Bedeutung der Moderatorenrolle werde in Zukunft zunehmen.

Lucian Kim, der als freier Journalist für unterschiedliche Medien wie Reuters, Slate, Newsweek und Buzzfeed tätig ist, bestätigte aus seinem Arbeitsalltag die These der permanenten Berichterstattung: "Zeitungen verwandeln sich immer mehr zu Nachrichtenagenturen. Es gibt keine Deadline, man muss ständig liefern."

In einem Abschlussstatement aller Podiumsteilnehmer wurden als wichtige Zukunftstrends für den digitalen Journalismus Vielkanaligkeit, Kontextualisierung von Themen, transmediale Diversifizierung starker Medienmarken, Spezialisierung und Globalisierung genannt. Das letzte Wort hatte Martin Wanninger: "Es wird weniger revolutionär werden, als wir denken."

Quelle: BLM Bayerische Landeszentrale für neue Medien (ots)

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