Henning Mankell: "Ich werde an dieser Krankheit sterben"
Archivmeldung vom 10.09.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer schwedische Bestseller-Autor Henning Mankell hat in einem stern-Interview über seinen Kampf gegen den Krebs gesprochen. Es gehe ihm derzeit gut, sagte Mankell zu Beginn des Gesprächs, "ich werde wohl an dieser Krankheit sterben. Wann? Keiner weiß es. Ich habe keine Schmerzen, manchmal muss ich mich sogar daran erinnern, wie krank ich bin."
Er erinnere den Tag der Diagnose noch gut: Wegen eines vermeintlich verspannten Nackens sei er zum Arzt gegangen, wo man ihn untersuchte und ihm dann mitteilte, dass man einen Mutter-Tumor in der Lunge und eine Metastase im Nackenwirbel gefunden habe. Danach sei er mit seiner Frau in einem Taxi nach Hause gefahren: "An einer Kreuzung sah ich ein kleines Mädchen, sechs, sieben Jahre alt, sie hüpfte voller Freude in einer Schneewehe auf und ab. Ich dachte, dass ich so auch oft gehüpft bin. Und dass ich jetzt nicht mehr hüpfe. Dass jetzt nur noch sie hüpft. Dass sich mein Leben gerade fundamental verändert hat, für immer."
Erste Therapien schlugen bei Mankell gut an, inzwischen sieht er seinen Arzt etwa einmal im Monat. Zunächst "war ich sehr weit unten in einer Grube und musste mich langsam an einem Seil wieder hochziehen. Nach zwei Wochen jedenfalls dachte ich: Jetzt habe ich wieder die Kontrolle. Jetzt bin ich wieder stark genug, um mich zu wehren", sagte Mankell dem stern.
In seinem neuen Buch "Treibsand" beschreibt Mankell sein Leben mit der Krankheit und zieht eine berührende, kluge Lebensbilanz. Besonders viel Raum nimmt seine Arbeit in Mozambik ein, wo er vor Jahrzehnten ein Theater gründete. Auf die Frage, ob ihm seine Regisseur-Arbeit wichtiger sei als seine berühmten Romane über den Kommissar Wallander, antwortete Mankell: "Mein größtes Privileg ist, dass ich zwei Räume bewohne. In einem bin ich allein und schreibe. Der andere Raum ist voller Menschen, das ist das Theater. Und ich wechsele zwischen den Räumen hin und her, mein ganzes Leben schon. Aber wenn ich nur noch in einem Raum sein dürfte, würde ich immer den ersten wählen. Ohne zu zögern. Das Schreiben ist die Basis von allem, was ich tue."
Er schreibe derzeit an einem Roman, den er "Die Nacht" nennen will, es gehe um einen Mann, der immer im Dunkeln arbeite: "Das Buch wird nicht nur dunkel werden, keine Sorge. Ich werde Kerzen anzünden."
Quelle: Gruner+Jahr, STERN (ots)