Studie: Verlage müssen sich ändern - oder untergehen
Archivmeldung vom 23.03.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie traditionellen Medien-Verlage müssen ihr Selbstverständnis radikal verändern und sich neu erfinden, wenn sie im Mediengeschäft der zunehmend digitalen Zukunft bestehen wollen. Das ist eines der Ergebnisse einer aktuellen Studie ("Grid Media - Überlebensstrategien für Publisher im digitalen Zeitalter") des Frankfurter Media-Consult-Unternehmens Timelabs.
Die althergebrachten Geschäftsfelder der Branche, so die Studie,
seien durch verschiedene Herausforderungen bedroht: Infolge der
Digitalisierung verschwimmen die Grenzen zwischen den einzelnen
Medienformaten (Print, Fernsehen, Radio ...) und in der Konsequenz
konvergieren alle vormals getrennt aufgestellten Geschäftsfelder und
Geschäftsmodelle der Medienindustrie; als Folge dessen expandieren
alle Teilbranchen in alle Teilbranchen, schlimmer noch - aufgrund
fehlender Markteintrittsbarrieren und überlegenen Technologien haben
sich reine Internet-Companies heute schon zum Online-Gateway ihrer
Rezipienten entwickelt. Hinzu komme das Verlangen der Nutzer nach
Einbindung in die Erstellung, Einordnung und Bewertung von Inhalten
durch Blogs, Wikis, Social Networking, Tagging und Ratings. Außerdem
fordern User eine immer stärkere Zuschneidung von Inhalten auf ihre
persönlichen Bedürfnisse. Eine weitere gravierende Veränderung komme
der Studie zufolge auf Verlage durch die zunehmende Forderung der
werbetreibenden Industrie nach profil-basierten, targetierten und
erfolgsorientierten Werbemodellen zu. Dem Wandel von der rein
reichweiten- oder marken-orientierten Kundenansprache haben Verlage
bis dato kaum etwas entgegenzusetzen.
All das macht es laut Timelabs notwendig, dass die Verleger nicht
nur ihr Kompetenz-Spektrum erweitern (insbesondere im Bereich
Technologien), sondern sich im Grunde neu erfinden. Folgende
Komponenten sollten nach diesen Angaben unter anderem Grundlage für
eine Neuausrichtung der Verlage sein:
Drittinhalte von Nutzern oder Wettbewerbern müssen nicht nur
zugelassen, sondern integriert werden. Konstituierend für das
Geschäft sollten nicht mehr nur Inhalte, sondern am Nutzwert des
Users (und der Werbetreibenden) orientierte technische Applikationen
(z.B. Matching-Algorithmus, Geo-Tagging, 1:1-Targeting Tools,
automatisierte Werbeabrechnungs-Tools) sein. Mit der Generierung von
Profildaten müssen sich die Verlage, so die Timelabs-Studie weiter,
eine neue "Asset-Klasse" erschließen und aus Zielgruppen Zielpersonen
machen. Daraus resultierend sei es notwendig, Informations- und
Werbe-Content, der sich früher an große Zielgruppen richtete, zu
individualisieren und der werbetreibenden Klientel die Wirksamkeit
ihrer Werbebotschaften nachweisen zu können.
Das alles könne nicht ohne bedeutende Investments erreicht werden,
die auch dann realisiert werden müssten, wenn sie nicht mit einer
Stärkung der Print-Stamm-Marke korrelieren. Denn erfolgreiche
Print-Marken seien kein Garant für nachhaltig erfolgreiches
Internet-Geschäft.
"Im Sinne einer Gesamtbewertung bisheriger Verlagsaktivitäten im
Internet lässt sich konstatieren, dass Publisher nur unzureichend
ihre Möglichkeiten zur Kunden(ein)bindung und Erlösgenerierung im Web
ausschöpfen. Es scheint eher so, als ob Verlage nur solche
Online-Aktivitäten adaptieren, die eine Nähe zum klassischen
Stammgeschäft aufweisen und andere Engagements, die eine Ausweitung
oder gar Substitution des bestehenden Stammgeschäfts nach sich
ziehen, meiden. Mit einer Fortsetzung dieser Haltung werden Verlage
weitere Marktanteile an (branchenfremde) Dritte verlieren", erläutert
Marc Ziegler, Timelabs-Geschäftsführer und Co-Autor der Studie.
"Die Verlage dürfen sich nicht länger nur als Lieferant von
Inhalten verstehen, sondern sollten zum Veranstalter respektive
Dienstleister ihrer - je nach dem - nationalen oder regionalen
Community werden. Durch die Individualisierung ihrer Angebote
erlangen die Publisher eine Vertrauensstellung mit neuen,
geschäftsrelevanten Aufgaben", ergänzt Isaac van Deelen, ebenfalls
Geschäftsführer bei Timelabs und Co-Autor der Studie.
Quelle: Pressemitteilung Timelabs Management Consulting GmbH