Die Luftbrücke steht – fürs Fernsehen
Archivmeldung vom 18.03.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.03.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Michael DahlkeAuf dem Flughafen Tempelhof wird für Sat 1 ein Historiendrama über die Blockade West-Berlins gedreht. Auch Hollywood verfilmte den Stoff bereits
Die Sache mit ihrem General ist eben passiert. Es hatte nun mal nicht gefunkt zwischen Luise, dem „Fraulein“ aus dem US-Casino auf dem Flughafen Tempelhof, und dem Rosinenbomber-Piloten Jack. Aber dem Organisator der Luftbrücke, General Philipp Turner, der sie zu seiner Sekretärin machte, konnte sie nicht widerstehen. Pech nur, dass ihr Sohn Micha die beiden erwischt hat. Und es war ja auch nicht zu ahnen, dass ihr seit 1944 vermisster Mann plötzlich auftaucht.
Die Liebe in den Zeiten der Luftbrücke – erstaunlich, dass das deutsche Fernsehen diesen Stoff erst jetzt entdeckt hat. Aber jetzt ist es soweit, wie am Donnerstag auf dem Flughafen Tempelhof zu besichtigen war, dem authentischsten Drehort, der für das Sat-1-Projekt zur Verfügung stand. Die Amis sind dorthin zurückgekehrt, haben sich in Hangar 1 eingerichtet, als hätten die Sowjets gerade erst die Berliner Stadtgrenzen geschlossen. Stapel von Kohlesäcken, Care-Paketen, Holzkisten mit US-Air-Force-Beschriftung sind aufgebaut, drei Rosinenbomber innen und außen dekorativ geparkt. Auf einem großen „Aircraft Checkboard“ stehen die Ankunftstermine der Rosinenbomber aus Celle, Wiesbaden, Hannover. US-Jeeps und Lastwagen rumoren auf dem Vorfeld. Seit Anfang März wird gedreht, bis Mitte Juni geht es weiter, auf dem ehemaligen Militärflugplatz Werneuchen und auch in Breslau, produziert von Nico Hofmann und Ariane Krampe von der teamWorx Television & Film GmbH.
Unter der Regie von Dror Zahavi entsteht ein zweimal 90 Minuten langes Drama, das Geschichte und Liebesdinge mischt, mit historischem Personal wie General Lucius D. Clay, dem Vater der Luftbrücke, gespielt von Ulrich Tukur, der gestern als Vorzug seiner Rolle pries, dass er („Schauen Sie sich die Textilien an!“) endlich mal in alliierter Uniform spielen könne statt wie bisher immer nur in deutscher. Heino Ferch spielt mit General Philipp Turner („eine Rolle zwischen Leidenschaft, Verzicht, Disziplin, Erfindergeist“) hingegen eine fiktive Figur. Sie ist William H. Tunner, dem Organisator der Luftbrücke, nachempfunden. Weiter ist Ulrich Noethen als Luises Ehemann Alex dabei, Luise selbst wird gespielt von Bettina Zimmermann. Gesendet wird der Film Ende des Jahres.
Ohne historisches Fluggerät funktioniert solch ein Projekt nicht. Drei Maschinen kommen zum Einsatz: eine zweimotorige DC-3 von einem Aeroclub aus Schweden, dazu die viermotorige DC-4, die sonst am Columbiadamm steht. Als einzige Maschine, die selbst an der Luftbrücke beteiligt war, ergänzte die DC-3 des Air Service Berlin die Fernseh-Luftflotte. Sie ist in Tempelhof stationiert, steht für Rundflüge bereit. Computergenerierte Bilder werden die Flotte ergänzen.
Die Authentizität des ersten Tempelhofer Luftbrückenfilms wäre auch mit mehr Maschinen nicht zu erreichen: Das war im Sommer 1949. Die Motoren der Rosinenbomber waren kaum abgekühlt, da dachte man in Hollywood bereits an die Verwertung des Blockade-Stoffs. Unter Regisseur George Seaton entstand der Film „The Big Lift“, der Privates und Historisches ähnlich mischte, wie es jetzt fürs Fernsehen ersonnen wurde. Star war Montgomery Clift, dazu kamen eine Hand voll weiterer Schauspielprofis und viele Laiendarsteller, die aber das nötige technische Wissen mitbrachten – und ihre Uniformen. Das konnte man schon der Besetzungsliste entnehmen: „Capt. Dante V. Morley – himself; Capt. John Mason – himself; 1st Lt. Alfred L. Freidburger – himself ...“ Auch wäre der Film ohne General Clay kaum zustande gekommen. Clift, ein launischer Star, hatte als Unterkunft ein Haus mit Garten gewünscht, die Produktion hatte keines gefunden. Man hatte schon Angst, er würde wieder abreisen. Clay löste das Problem militärisch: Einem Colonel wurde kurzerhand befohlen, sein Haus während des Drehs zu räumen.
Andreas Conrad
Quelle: http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/18.03.2005/1708612.asp