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"Münchner Erklärung": Verlage fordern neue Rahmenbedingungen für duales Mediensystem

Archivmeldung vom 17.07.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

In der Auseinandersetzung um die geplante Expansion von ARD und ZDF ins Internet haben führende deutsche Verlagsmanager und Verleger jetzt ein gemeinsames Grundsatzpapier vorgelegt. Ziel der Erklärung ist es, neue Rahmenbedingungen für ein faires Miteinander von freier, unabhängiger Presse und öffentlich-rechtlichem Rundfunk anzuregen. Der ständige Wandel auf den Medienmärkten erzwingt Reformen.

Die Verfasser fordern eine grundsätzliche Neuausrichtung der Medienpolitik sowie konkrete Verbesserungen im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Zu den Erstunterzeichnern der "Münchner Erklärung" gehören die Chefs namhafter Verlage wie Burda, Gruner+Jahr, Axel Springer, Bauer, Ganske, Madsack, Ippen und Medienholding Nord sowie der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ).

Aus Sicht der Unterzeichner müssen die Medienangebote öffentlich-rechtlicher Anstalten im Internet auf Bewegtbilder und Audio begrenzt werden. In allen ihren Medien sollten sie künftig keine Werbung mehr annehmen, auf jede Form der kommerziellen Finanzierung verzichten und die Beteiligung an privatwirtschaftlichen Unternehmen vollständig abbauen. "Jede darüber hinausgehende Expansion der staatlich finanzierten Rundfunkanstalten ist ebenso unnötig wie gefährlich für den Bestand und die Entwicklung der privatwirtschaftlich verfassten Presse und damit für den gesamten Medienpluralismus in Deutschland", heißt es in der Erklärung.

Zum aktuellen Rundfunkänderungsstaatsvertrag fordern die Unterzeichner entschiedene Nachbesserungen. "Mit den Formulierungen des derzeitigen Entwurfs wird es nicht gelingen, das Expansionsstreben der öffentlich-rechtlichen Sender in geordnete Bahnen zu lenken", schreiben die Verfasser.

Der staatlich finanzierte und organisierte Rundfunk mit einer Vielzahl von Angeboten und einem jährlichen Gebührenaufkommen von über 7 Milliarden Euro ist der größte Medienanbieter in Deutschland. Die Verleger erkennen darin eine eklatante Verzerrung der Märkte. "Staatlich finanzierte Medien sind ein rechtfertigungsbedürftiger Sonderfall, der für den Bereich der Presse einschließlich ihrer Online-Angebote und auch für weitere Internet-Medien keinesfalls legitimiert werden kann", schreiben sie. Die wettbewerbsverzerrende Konkurrenz erscheint besonders bedenklich, da die Online-Angebote deutscher Verlage Qualität und Vielfalt bieten, nachhaltige Finanzierungsmodelle aber noch nicht gefunden sind.

Die Erklärung wurde bislang von folgenden Verlegern, Vorstandsvorsitzenden und Geschäftsführern unterzeichnet: Dr. Hubert Burda (Verleger und VDZ-Präsident), Wolfgang Fürstner (Geschäftsführer VDZ), Dr. Mathias Döpfner (Vorstandsvorsitzender Axel Springer AG), Dr. Bernd Kundrun (Vorstandsvorsitzender Gruner +Jahr), Heinz Bauer (Verleger Bauer Verlagsgruppe), Thomas Ganske (Verleger Ganske Verlagsgruppe), Herbert Flecken (Vorsitzender der Geschäftsführung Verlagsgesellschaft Madsack GmbH & co. KG), A. Asghar Azmayesh (Sprecher der Geschäftsführung medien holding:nord GmbH), Dr. Dirk Ippen, Verleger Münchener Zeitungs-Verlag GmbH & Co. KG, Dr. Rudolf Thiemann, Verleger Liboriusblatt GmbH & Co., Hamm, Dr. Klaus Driever, Geschäftsführer Verlagsgruppe Weltbild

Die Forderungen der Münchner Erklärung in Kurzfassung: Die Unterzeichner erklären zur grundsätzlichen Rolle öffentlich rechtlicher Rundfunkanstalten:

(1) Öffentlich-rechtliche Medien sind auf Bewegtbild und Audio zu begrenzen. Jedes andere Mittel der journalistischen Darstellung hat zu unterbleiben.

(2) Werbefinanzierung sowie sonstige kommerzielle Finanzierung Öffentlich-rechtlicher Medienangebote sind vollständig auszuschließen.

(3) Beteiligungen öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten an privatwirtschaftlichen Unternehmen müssen gänzlich abgebaut und untersagt werden.

zum Entwurf des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 12. Juni 2008:

(4) Keine elektronische Presse. Journalistisch-redaktionelle Texte dürfen nur als sendungsbegleitende Randbetätigung zulässig sein. Dies ist zweifelsfrei und einklagbar im Gesetz festzuschreiben.

(5) Enge Grenzen sind umso wichtiger, als ARD und ZDF schon jetzt Strategien entwickeln, um die vorgesehenen Regelungen des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags Makulatur werden zu lassen. Die Umwidmungen der digitalen ZDF-Kanäle sind ein klarer Beleg.

(6) Der vorliegende Entwurf muss geändert werden, um dem verfassungs- und europarechtlichen Abstandsgebot zur privaten Online-Presse zu entsprechen

(7) Online-Angebote von ARD und ZDF dürfen nur Inhalte konkreter Sendungen behandeln und nicht länger als bis zu 7 Tage nach deren Ausstrahlung angeboten werden. Der Sendungsbezug ist kenntlich zu machen.

(8) Auch bei jeder sonstigen Ausweitung des Angebots von traditionellen Fernsehtätigkeiten auf Online-Dienste muss die Begrenzung auf unterstützende Tätigkeiten im Verhältnis zum Hauptprogramm gewährleistet sein.

(9) Ratgeberportale sind in der Negativliste zweifelsfrei auszuschließen.

(10) Der Drei-Stufen-Test muss von unabhängigen Dritten unter Beteiligung der betroffenen privaten Medien durchgeführt werden. Entscheidungen müssen einklagbar sein. Der Test gilt für neue und für bestehende Angebote.

(11) Alle Beteiligten müssen auf Ebene der politischen Entscheider zu Rundfunk- und Telemedienstaatsverträgen öffentlich angehört werden.

(12) Wir fordern die Fortsetzung einer breiten öffentlichen Diskussion über Auftrag und Grenzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Die komplette "Münchner Erklärung" finden Sie unter www.vdz.de

Quelle: VDZ Verband Deutscher Zeitschriftenverleger

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