Germanist Karl Otto Conrady gestorben
Archivmeldung vom 09.07.2020
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Freigeschaltet durch André OttDer Kölner Germanist und Goethe-Experte Karl Otto Conrady ist tot. Er wurde 94 Jahre alt, wie der "Kölner Stadt-Anzeiger" unter Berufung auf die Universität zu Köln berichtet. Aus einer Anzeige des Instituts für Deutsche Sprache und Literatur der Philosophischen Fakultät geht hervor, das Conrady bereits am 1. Juli starb.
Conrady war Herausgeber des "Großen Deutschen Gedichtbuchs", das stil- und kanonbildend wirkte und das auch als "Der große Conrady" bekannt wurde. Zudem war er Verfasser einer zweibändigen Goethe-Biografie "Goethe - Leben und Werk", die zu einem Standardwerk wurde. Er lehrte zunächst in Göttingen, Saarbrücken und Kiel. Von 1969 bis zu seiner Emeritierung 1991 war er Professor in Köln.
Der Wissenschaftler war auch politisch aktiv. Von 1967 bis 1969 gehörte Conrady als SPD-Mitglied dem Landtag von Schleswig-Holstein an. Als Präsident des Schriftstellerverbandes PEN fiel ihm in den Jahren nach 1996 die Aufgabe zu, den Zusammenschluss der ostdeutschen und der westdeutschen Sektion zu moderieren. Conrady begründete seinen Ruf als ein über die Grenzen seines Fachs hinaus denkender Literaturwissenschaftler nicht zuletzt in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, in jungen Jahren war er selbst NSDAP-Mitglied. Als junger Professor in Göttingen, Saarbrücken und Kiel reflektierte er kritisch die Rolle seines Fachs, das sich der Diktatur vielfach als "deutsche Wissenschaft" angedient hatte.
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger (ots)