Filmraubkopieren und Urheberrecht: Der RESPE©T COPYRIGHTS Jahresrückblick 2009
Archivmeldung vom 24.12.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittOnline-Film-Raubkopieren war auch 2009 wieder ein wichtiges Thema - nicht nur innerhalb der Filmbranche, sondern auch auf politischer und juristischer Ebene. Einen Überblick über relevante Ereignisse und aktuelle Entwicklungen in diesem Jahr gibt die Kampagne RESPE©T COPYRIGHTS der deutschen Filmwirtschaft.
Aktuelle Entwicklungen im illegalen Online-Markt
Mittlerweile finden in Deutschland im Bereich Film mehr als 90 Prozent der Urheberrechtsverletzungen im Internet statt. Betrachtet man dabei, welche Technologien User hauptsächlich nutzen, fällt auf, dass hier eine deutliche Verschiebung stattgefunden hat. Die beliebteste Technologie ist zwar nach wie vor Peer-to-Peer (P2P), jedoch hat vor allem die Nutzung von Filehostern stark zugenommen und auch der Anteil illegaler Streaming-Angebote ist stark angestiegen. Einer aktuellen Studie der Firma ipoque* zufolge macht die legale und illegale Nutzung von P2P-Technologien im Untersuchungszeitraum 2008/2009 knapp 53 Prozent des Gesamttraffics in Deutschland aus. Auf Filehosting entfallen zehn Prozent und auf Streaming gut sieben Prozent. "Illegale Streaming-Angebote wie sie z.B. auf kino.to zur Verfügung stehen, stellen ein großes Problem dar, da immer mehr Nutzer auf solche Angebote zurückgreifen. Als Grund wird z.B. häufiger angeführt, dass User nicht wissen, dass auch das Streamen von Filmen aus einer illegalen Quelle verboten ist. Ein anderer genannter Grund ist, dass manche Internetnutzer aus Angst vor zivilrechtlichen Abmahnungen bei der illegalen Nutzung von Tauschbörsen auf Streaming-Angebote ausweichen", sagt Jan Oesterlin Geschäftsführer der Zukunft Kino Marketing GmbH, die die Kampagne RESPE©T COPYRIGHTS initiiert hat. "Diese Entwicklung zeigt, wie wichtig es ist, bei der Bekämpfung von Raubkopien alle illegalen Verbreitungswege im Internet zu berücksichtigen."
Erfolge im Kampf gegen Raubkopien
Für weltweite Aufmerksamkeit sorgte zu Beginn des Jahres der Prozess gegen die schwedischen Betreiber der Internetseite "The Pirate Bay", der mit einem spektakulären Urteil im April endete. Alle vier Betreiber wurden wegen Beihilfe zu massenhaften Urheberrechtsverletzungen zu je einer einjährigen Haftstrafe und einer Gesamtschadensersatzzahlung in Millionenhöhe verurteilt. "Das Pirate Bay-Urteil ist international ein wichtiges Signal für den Schutz des geistigen Eigentums im Internet und stellt zudem Weichen für die Nutzung von legalen Angeboten im Netz", kommentiert Johannes Klingsporn, Geschäftsführer des Verbandes der Filmverleiher e. V., den erfolgreichen Prozessausgang.
In Deutschland konnte die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V. (GVU) in diesem Jahr wieder erfolgreich gegen Portalbetreiber vorgehen, die illegalen Content vermitteln. So wurden zum Beispiel im September dieses Jahres aufgrund von Internetermittlungen der GVU unter der Federführung der Staatsanwaltschaft Saarbrücken gleichzeitig in mehreren Bundesländern die Privatwohnungen von sechs Männern durchsucht, wegen des Verdachts auf Betreiben und Befüllen einer illegalen Tauschbörse. Dabei beschlagnahmte die Polizei insgesamt sieben Rechner, elf Festplatten, mehrere USB-Sticks, Hunderte CDs und DVDs sowie diverse Dokumente. Durch die Sicherstellung der Tracker-Datenbank bei einem Erfurter Internetdienstanbieter können auch weitere Mitglieder der BitTorrent-Tauschbörse ermittelt werden. Zu Beginn der Ermittlungen im Jahr 2007 standen in dieser Tauschbörse über 500 Titel, darunter auch aktuelle Kinofilme, illegal zur Verfügung.
Erst kürzlich, Anfang Dezember, gelang Berliner und Nürnberger Kriminalpolizisten ein erfolgreicher Schlag gegen eine der drei größten deutschen illegalen Tauschbörsen. Während Beamte des Berliner Landeskriminalamtes infolge der Ermittlungen der GVU die Privaträume eines Mannes in der Landeshauptstadt durchsuchten, der beschuldigt wird, die Tauschbörse zu betreiben, nahm die Kripo in Nürnberg in einem örtlichen Rechenzentrum den dazugehörigen Tracker vom Netz, über den zuletzt mehr als 18.000 verschiedene Raubkopien, darunter auch illegale Filmkopien, verteilt wurden. Einer ersten Schadensberechnung zufolge wurden bis Mitte Juli 2009 die damals bereitgestellten illegalen Kopien insgesamt 526.377 Mal vollständig herunter geladen.
"Fälle dieser Art sind bei der Bekämpfung von Raubkopien besonders relevant. Ein gezieltes Vorgehen gegen die Betreiber von einschlägigen Portalseiten sowie BitTorrent-Netzwerken führt zu einer erheblichen Reduzierung des illegalen Angebots für die breite Masse, da solche digitalen Hehler die Raubkopien für die Nutzer überhaupt erst auffindbar machen", so Dr. Matthias Leonardy, Geschäftsführer der GVU.
Politische Diskussionen und Herausforderungen
Vielfach diskutiert wurden in diesem Jahr Kooperationsmöglichkeiten mit Internetserviceprovidern, um effektiv gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet vorgehen zu können. Dass eine entsprechende Regelung, bei der Internetuser bei einer begangenen Urheberrechtsverletzung zunächst schriftlich aufgeklärt und verwarnt und im Wiederholungsfall sanktioniert werden, wirkungsvoll wäre, zeigen zwei Beispiele. Einer Studie des Londoner Unternehmens Entertainment Media Research zufolge, würden 78 Prozent der befragten männlichen Teenager das illegale Downloaden infolge einer schriftlichen Warnung durch einen Internetserviceprovider einstellen. Noch konkreter ist ein Beispiel aus Schweden: Dort ist am Tag des Inkrafttreten eines neuen Anti-Piraterie-Gesetzes (1. April 2009), das besagt, dass Internetserviceprovider auf richterliche Anordnung Nutzerdaten aushändigen müssen, der Datenverkehr drastisch eingebrochen - von durchschnittlich 120 GBit/s auf 80 GBit/s. Während jedoch zum Beispiel in Frankreich in diesem Jahr bereits ein Gesetz gegen illegales Filesharing (Hadopi 2) verabschiedet wurde, das 2010 in Kraft tritt, gibt es in Deutschland bislang noch keine derartige politische Lösung. "Wir hätten uns durchaus mehr Unterstützung aus der Politik gewünscht, jedoch ist unser Modell, das wir zusammen mit Verbänden der Kreativwirtschaft für Deutschland entwickelt haben, auch ohne eine Gesetzesänderung umsetzbar", sagt Matthias Leonardy. Das Modell sieht vor, dass Internetuser beim ersten Mal individuell und konkret auf die von ihnen begangene Urheberrechtsverletzung hingewiesen und sie über den Unrechtsgehalt ihres Tuns aufgeklärt werden. Zugleich sollen ihnen aber auch legale alternative Online-Angebote aufgezeigt werden. Im Wiederholungsfall sollen solche Rechtsverletzer dann einen konkreten Warnhinweis erhalten, der ihnen die möglichen rechtlichen Konsequenzen aufzeigt, mit denen sie zu rechnen haben. Schließlich, bei einem abermaligen Verstoß soll dieser nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sanktioniert werden. Als eine solche Sanktion ist zunächst die Sperrung des Zugangs zu einzelnen illegalen Seiten denkbar oder die vorübergehende Drosselung der Bandbreite des Internetzugangs, um die weitere (bandbreitenintensive) Nutzung illegaler Angebote spürbar zu erschweren. Darüber hinaus müssen solche "Unbelehrbaren" mit weitergehenden zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Eine Sperre eines Internetnutzers dagegen kann indessen immer nur die "ultima Ratio" sein. Sie sollte stets einer staatlichen und im Rechtswege überprüfbaren Entscheidung vorbehalten bleiben und kommt allenfalls nur in Extremfällen in Betracht. Die Internetserviceprovider wären nach dem von der GVU befürworteten Modell nicht dazu angehalten, auf eigene Rechnung das Internet nach Raubkopien ihrer Kunden zu durchsuchen. Die Herausforderung dabei liegt nun darin, eine Kooperationsvereinbarung mit den Internetserviceprovidern zu erzielen.
"Die Beispiele aus diesem Jahr zeigen einerseits, dass sich gezielte Strategien gegen Online-Film-Raubkopieren sowie Aufklärungs- und Ermittlungsarbeit auszahlen und wir mit unseren Ansätzen und Maßnahmen auf dem richtigen Weg sind. Anderseits zeigt die aktuelle Situation aber auch, dass wir auch künftig vor großen Herausforderungen stehen und nach wie vor viel Handlungsbedarf besteht", fasst Jan Oesterlin zusammen.
* Internet Study 2008/2009
Quelle: RESPE©T COPYRIGHTS