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Gericht: Tagesschau-App ist presseähnlich

Archivmeldung vom 01.10.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.10.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: berlin-pics / pixelio.de
Bild: berlin-pics / pixelio.de

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) begrüßt die gestrige Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Köln, wonach das nichtsendungsbezogene Angebot der Tagesschau-App vom 15. Juni 2011 presseähnlich ist und damit gegen den Rundfunkstaatsvertrag verstößt. Geklagt hatten acht Zeitungsverlage.

"Das Kölner OLG verpflichtet die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit diesem Urteil, sich künftig an den Rundfunkstaatsvertrag zu halten", sagte BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff in Köln. Damit bestätige das Gericht eindrucksvoll den Willen des Gesetzgebers. Zwar sei es der ARD selbstverständlich unbenommen, eine Tagesschau-App anzubieten. Eine öffentlich-rechtliche Zeitung im Internet dürfe es aber nicht geben.

Zuvor hatte bereits der BGH entschieden, dass das Verbot der Presseähnlichkeit von nichtsendungsbezogenen öffentlich-rechtlichen Internetangeboten mit Blick auf jede einzelne Ausgabe zu beachten ist.

Die Bedeutung des heutigen Urteils reiche, so der BDZV, weit über das streitgegenständliche App-Angebot vom 15. Juni 2011 hinaus. "Mit neuen Nachrichten-Apps wie RBB24, BR24 oder ARDText haben die Landesrundfunkanstalten ihr Textangebot im Internet in einer Weise ausgeweitet, die mit der heutigen Entscheidung des OLG Köln unvereinbar ist", erklärte Wolff. Im Vordergrund dieser Angebote stünden umfangreiche presseähnliche Textbeiträge ohne Sendungsbezug, die nicht nur gegen den Rundfunkstaatsvertrag verstoßen, sondern einen gezielten Angriff auf die Vielfalt der Presselandschaft darstellen. "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist nun in der Pflicht, sein Textangebot im Internet nachhaltig zurückzufahren". Andernfalls seien, so Wolff, weitere Schritte unumgänglich.

NDR zum Urteil des OLG Köln zur Tagesschau-App

Das Oberlandesgericht Köln hat in seinem heute verkündeten Urteil entschieden, dass das Angebot der Tagesschau-App vom 15. Juni 2011, so wie es die Klägerinnen in einem Textausdruck vorgelegt hatten, unzulässig war. Das Angebot sei presseähnlich gewesen.

Dazu Dr. Michael Kühn, Justitiar des Norddeutschen Rundfunks: "Die Entscheidung des OLG Köln hat auf tagesschau.de und die darauf basierende Tagesschau-App in der aktuellen Version keinen unmittelbaren Einfluss. Streitgegenständlich war allein der 15. Juni 2011. Seitdem hat sich das Erscheinungsbild von tagesschau.de erheblich geändert, so wurde etwa das Video- und Audio-Angebot deutlich verstärkt."

Auch wenn das Urteil eine Entscheidung für die Vergangenheit trifft, werde der NDR gemeinsam mit der ARD die Urteilsgründe und die Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Rechtsmittel sorgfältig prüfen, um mögliche Einschränkungen für die Online-Angebote zu vermeiden.

Zugleich bekräftigte Kühn die Bereitschaft der ARD, mit den Verlagen Kooperationen einzugehen. So sei die unentgeltliche Nutzung der "Tagesschau in 100 Sekunden" für digitale Angebote der Verlage ebenso möglich wie die Bereitstellung einzelner Videos für deren Internet-Seiten. Kühn: "Die Nachrichtenangebote der Verlage und der ARD haben eins gemeinsam: hohe journalistische Qualität. Daher sind wir nach wie vor gesprächsbereit."

Dass das Gericht die Frage, ob Teile der Tagesschau-App vom 15. Juni 2011 presseähnlich oder internetspezifisch gestaltet waren, anhand eines von den Klägern vorgelegten Textausdrucks entschieden habe, sieht Kühn kritisch: "Dieser Textausdruck war in weiten Teilen auch noch unvollständig. Der Eindruck, die Tagesschau-App sei gestalterisch mit Zeitungen und Zeitschriften vergleichbar, mag durch diese Papierausdrucke entstanden sein. Aufgrund der Verknüpfung von Videos, Audios, multimedialen Elementen und Texten handelt es sich jedoch um ein sehr beliebtes und zeitgemäßes Informationsangebot. Es ist den Nutzern doch nicht zu vermitteln, dass ein Angebot wie tagesschau.de, das seit über 20 Jahren Tag für Tag die Menschen zuverlässig mit unabhängigen Nachrichten informiert, rechtswidrig sein soll."

Die Klägerinnen mehrerer Zeitungsverlage hatten am 26. November 2011 Klage beim Landgericht Köln erhoben, da sie die Tagesschau-App für presseähnlich und damit rechtswidrig erachteten. Das LG Köln war der Auffassung der Zeitungsverlage gefolgt. Das OLG Köln hob das Urteil im Jahr 2013 zu Gunsten der ARD auf. Mit Urteil vom 30. April 2015 wies der Bundesgerichtshof das Verfahren an das OLG Köln zur erneuten Prüfung zurück. Der NDR hat in dem Verfahren wiederholt die Unvollständigkeit der von den Klägern vorgelegten Anlage gerügt und die Presseähnlichkeit wegen der vielfältigen Verknüpfung von Videos, Audios, multimedialen Elementen und Texten bestritten.

Quelle: BDZV - Bundesverb. Dt. Zeitungsverleger / NDR  (ots)

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