Journalistenverbände gegen strengere Social-Media-Regeln für Türkei
Archivmeldung vom 28.07.2020
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Freigeschaltet durch André OttDeutsche Außenpolitiker und Journalistenverbände haben mit Sorge auf Pläne der türkischen Regierung reagiert, die Regeln für Soziale Netzwerke in der Türkei zu verschärfen. "Die Sozialen Medien sind einer der wenigen Orte, wo Journalisten in der Türkei noch vergleichsweise frei und unabhängig berichten können", sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".
Es bestehe die Gefahr, dass in der Türkei künftig kritische Berichte nach Belieben gelöscht und unliebsame Inhalte gesperrt werden. "Das Fenster für unabhängigen Journalismus schließt sich immer weiter", so Mihr.
Weitere Verschärfungen der Regeln würden nach Einschätzung von Reporter ohne Grenzen eine Forcierung des "Kriegs gegen unabhängige Informationen" darstellen, den die Türkei bereits seit Jahren führe. Nach Ansicht des SPD-Außenpolitikers Nils Schmid ist das Argument des Schutzes von Persönlichkeitsrechten durch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nur vorgeschoben. "Ihm geht es vor allem darum, Kritik an seiner Politik und an seiner Regierung zu erschweren." Das gelte vor allem für ausländische Medien. "Damit würde sich die Türkei ein weiteres Stück von unseren gemeinsamen Werten entfernen", sagte Schmid dem RND. CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt warnte vor einer weiteren Verschlechterung des Verhältnisses zur Türkei - mahnte jedoch: "Dennoch müssen wir alles versuchen, damit die Türkei auf den europäischen Weg zurückkehrt."
FDP-Außenpolitiker Bijan Djir-Sarai warf Erdogan "autokratische Großmachtallüren" vor und rief die EU und die Bundesregierung zu Konsequenzen auf: "Die EU-Beitrittsgespräche müssen in Anbetracht der desaströsen Lage der Menschenrechte im Land vollends gestoppt werden", sagte Djir-Sarai dem RND. Das türkische Parlament berät seit Dienstag über eine Erweiterung des Mediengesetzes. Es drohen wesentlich strengere Regeln für Soziale Medien. Präsident Erdogan gilt als Verfechter der neuen Richtlinien. Sollten sie verabschiedet werden, könnten Facebook, Twitter und Co. künftig in der Türkei stark eingeschränkt werden. Zur Diskussion im Parlament steht unter anderem die Verpflichtung von Netzwerken mit mehr als einer Million Nutzer in der Türkei, Niederlassungen im Land zu eröffnen, auf Wunsch von Nutzern oder auf richterliche Anweisungen Inhalte innerhalb von 48 Stunden zu löschen sowie die Speicherung von Nutzerdaten in der Türkei und die Möglichkeit zur Drosselung der Bandbreite missliebiger Dienste.
Quelle: dts Nachrichtenagentur