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Schlechte Nachrichten vertreiben die Leser

Archivmeldung vom 05.05.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.05.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de

Herauszufinden, wie schlecht die Welt ist, ist Masochismus. Das wollen Leser nicht und das ist auch nicht der Job von Journalisten, sagte der dänische Fernseh-Chefredakteur Ulrik Haagerup am letzten Tag des European Newspaper Congress im Wiener Rathaus: "Unser Kerngeschäft ist nicht Stenographie, es gilt, die beste Version der Wahrheit, die man erhalten kann, zu liefern."

Kritisch zu sein "ist im Journalismus nicht das Ziel, sondern die Methode", sagt Haagerup. Konstruktiver Journalismus ist eine neue Denkweise, die weltweit versucht wird und die gut funktioniert. Haagerup meint damit nicht Nachrichten über gerettete Kätzchen, für ihn geht es um "inspirierende Geschichten, in denen Neuem eine Chance gegeben wird". In seiner öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt wird von den Redakteurinnen und Redakteuren der "konstruktive Blickwinkel" verlangt. Wie man damit neue Leser, Hörer und Seher gewinnt, zeigte Hagerup in Wien an zahlreichen Beispielen. Mehr dazu im Buch "Construcive News" von Ulrik Haagerup, das Ende Mai im Verlag Oberauer erscheint.

Den Journalismus keinesfalls neu erfinden will Michael Fleischhacker, seit einem Jahr mit dem Aufbau von NNZ.at betraut. Ein ausschließlich digitales Bezahl- und Abo-Produkt, mit dem die "Neue Zürcher Zeitung" sprachgeographisch expandieren will. "Es ist wirklich brutal neben Gratisprodukten zu bestehen, es tut aber gut", sagt Fleischhacker: "Wir müssen andere Geschichten schreiben und in einer Art, wie die anderen nicht schreiben." Der Nachrichtenteil ist knapp, immer gleich aussehend und auf sechs Punkte reduziert. Für die User attraktiv und Abo-bringend sind die Themen, Phänomene genannt. Dazu kommen Meinung und der Club.

NZZ.at bezeichnete Michael Fleischhacker beim Newspaper-Congress als "offene Versuchsanstalt für digitale Produkte, die sich einem Bezahlmodell verschreiben". Das Abo-Modell ist streng, Inhalte können dennoch geteilt werden. Die Zeit sei zu kurz, um den finanziellen Erfolg zu zeigen. Geplant sei die Umkehr des bisherigen Erlösmodells: "Zwei Drittel aus Abos, ein Drittel aus Werbung." Ein neuer Weg wird auch bei den Anzeigen gegangen: "Wir haben ein einziges Werbeprodukt in Tagespräsenz." Neu ist auch die Rolle der 15 Redakteurinnen und Redakteure: "Wir sehen uns als diskussionsleitende Kuratoren mit einem sehr spezifischen Publikum", sagt Fleischhacker. Der Kern der neuen publizistischen Idee ist laut Fleischhacker " in einem möglichst engen Kontakt mit zahlenden Usern zu stehen". Die Redaktion bestehe überwiegend aus Digital Natives, doch die Generation der Digital Producer gebe es noch nicht. NZZ.at kommt entgegen der ursprünglichen Annahme nicht ohne Ordnung und Struktur aus. Zu den Sozialen Medien sagt Fleischhacker: "Um ein Publikum zu erhalten ist Facebook wichtiger als Twitter und eine Facebook-Seite ist ein gut funktionierender Homepage-Ersatz." Das Format NZZ.at hat zusätzliche arbeitsintensive Newsletter, sie würden viele User bringen.

Der European Newspaper Congress wird vom Medienfachverlag Johann Oberauer gemeinsam mit Norbert Küpper, Zeitungsdesigner in Deutschland, veranstaltet.

Quelle: Medienfachverlag Oberauer GmbH (ots)

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