IFA 2006: Die Branche feiert, die Zuschauer wandern ab!
Archivmeldung vom 01.09.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSeit zehn Jahren gibt es digitales Fernsehen. Die Industrie feiert dies auf der Internationalen Funkausstellung nach dem olympischen Motto "citius, altius, fortius": Flacher, schneller, besser - und natürlich alles sehr konvergent und hochauflösend. Doch bei den Zuschauern hat die Digitalisierung bislang nur dazu geführt, dass weniger Fernsehen geschaut wird, wie eine neue Studie zeigt.
Mehr Angebot, weniger Nutzung - ein Teufelskreis für Rundfunkanbieter, Werbeindustrie und Gerätehersteller?
Für die dritte Befragungswelle des Forschungsprojekts "TV2010" beauftragte der
Software-Anbieter Buhl Data Service den Lehrstuhl Wirtschaftsinformatik und Neue
Medien der Universität Siegen, das Fraunhofer-Institut für angewandte
Informationstechnik FIT und die Fortbildungsakademie Medien mit der Durchführung
einer Studie zur Nutzung digitaler TV-Inhalte. Befragt wurden über 3.000
Haushalte, die bereits mit digitalen Techniken im Wohnzimmer leben. Die
Ergebnisse erstaunten selbst die Forscher.
Große Verlierer sind die
Rundfunkanbieter und die Werbeindustrie, denn mit fortschreitender
Digitalisierung nimmt die TV-Nutzung ab - und nicht etwa zu. Der Zuschauer wird
anspruchsvoller und schaut selektiver. Wer einmal gelernt hat durch Internet,
DVD-Spieler und Spielkonsole immer und überall auf Information und Unterhaltung
zuzugreifen, der weigert sich, die starren Programmschemata der TV-Sender zu
akzeptieren. Statt der durchschnittlichen 230 Minuten schauen die
Digital-Haushalte nur noch 130 Minuten in die Röhre. Und was in dieser kürzeren
Zeit tatsächlich gesehen wird, wird vielfach gezielt geplant und nicht zufällig
durch Umschalten erreicht.
Die "Zuschauer-Berieselung" durch Zapping -
das vorherrschende Muster seit der Einführung der privaten Rundfunkanbieter
Mitte der 80er Jahre - hat ausgedient. "Mit der Digitalisierung hat sich bislang
vor allem die Breite des Angebots erhöht", erläutert Dr. Helmut Hauptmeier von
der Fortbildungsakademie Medien der Universität Siegen. "Aber bei mehreren
Hundert Kanälen ist Zapping kein adäquates Mittel, um der Bilderflut zu
begegnen. Die Nutzer digitaler Angebote sind darauf angewiesen, sich einen
eigenen Zugang zum Programm zu schaffen - und genau das machen sie auch, indem
sie verstärkt EPG und Internet zur Planung einsetzen."
Die dritte Studie
der Reihe "TV2010" belegt, dass sich das Nutzungsverhalten der Zuschauer
grundlegend ändert: Je mehr Sender verfügbar sind, umso mehr wird deren
Rezeption gezielt geplant. Dabei helfen moderne "Tools" wie elektronische
Programmführer, die nicht nur Überblick schaffen, sondern dem Anwender eine neue
Erlebnisqualität bieten, die über das eigentliche Programm hinaus besteht. Der
Nutzer wandelt sich vom passiven Zuschauer zum aktiven "Selector", der bestimmt,
welche Inhalte er wann, wo und wie konsumieren möchte.
"Auf Seite der
deutschen Programmanbieter sehen wir das immer Gleiche", kritisiert Jan Heß, der
als Projektleiter die Untersuchung durchführte. "Mut zu innovativen Formaten wie
beispielsweise im britischen Fernsehmarkt ist weitestgehend nicht existent.
Davon unabhängig verliert der Sender als Marke im Kontext der Digitalisierung
zunehmend an Bedeutung. Wichtig ist nur, ob eine Sendung die individuellen
Bedürfnisse befriedigt. Damit zerplatzt der Traum, den viele Werber mit der
TV-Digitalisierung verbinden. Auf der anderen Seite sind technische Showcases
und Spielereien wie mobiles Fernsehen für die Zuschauer weitestgehend
uninteressant. Diese wünschen sich eher geeignete Features um beispielsweise
interessante Sendungen einfach vorzuhalten - Stichwort Festplattenrekorder und
Personalisierungsfunktionen."
So gewinnen neue Orientierungsformen an
Bedeutung, die den Zuschauern helfen, sich ein geeignetes Programm zusammen zu
stellen. Personalisierung, Suche, Filterung sind gelernte Hilfestellungen aus
dem Internet, die jetzt auf die Selektion des Fernsehprogramms übertragen
werden. "Wir sehen uns durch die Untersuchung bestätigt, den elektronischen
Programmführer in den Mittelpunkt der Produkt-Suite Sceneo Bonavista zu stellen.
Egal ob im Internet, auf dem heimischen Büro-PC oder einem Wohnzimmer-PC:
Bonavista ermöglicht den digitalen Zuschauern optimale Selektionshilfen für
Programmauswahl und die Aufzeichnung interessanter Sendungen, die zu
unattraktiven Zeiten ausgestrahlt werden", fasst Dr. Thomas Becker von Buhl Data
Service zusammen.
Die Studie "TV2010 - Mission Complete?" wird nach der IFA öffentlich vorgestellt und steht dann unter http://www.sceneo.tv zum kostenlosen Download zur Verfügung.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.