Kirsten Boie kritisiert deutsches Schulsystem
Archivmeldung vom 12.03.2020
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Freigeschaltet durch André OttDie Kinderbuchautorin Kirsten Boie hat das deutsche Schulsystem scharf kritisiert. "Für mich ist es nicht auszuhalten, dass aktuell jeder fünfte Fünfzehnjährige in Deutschland nicht mehr so lesen kann, dass er den Text versteht", sagte Boie der Wochenzeitung "Die Zeit". Die gesellschaftlichen Auswirkungen seien katastrophal.
"Das Schulsystem produziert Bildungsverlierer. Und die Politik kümmert sich zu wenig darum. Dabei ist es so einleuchtend, so banal, dass jedes Kind, egal aus welchem Elternhaus, in der Schule lesen lernen sollte", so die Kinderbuchautorin weiter. Damit das wieder selbstverständlich werde, sollten Lehrer jede Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Boie berichtete auch von der Zeit, in der sie selbst Lehrerin war und an einer der ersten Hamburger Versuchsgesamtschulen arbeitete.
"Ich bin mit den Schülern anfangs überhaupt nicht klargekommen", sagte die Autorin zahlreicher Kinder- und Jugendbücher. Allerdings habe sie "bis dahin keine Ahnung" gehabt, "unter welch unterschiedlichen Bedingungen Kinder aufwachsen, wie gigantisch die Ungleichheit in unserer Gesellschaft ist". Boie, die Ehrenbürgerin der Stadt Hamburg ist, beneidet Kinder, die heute aufwachsen, weil sie sehr viel selbstbewusster erzogen und ernster genommen würden. "Sie wachsen in dem Bewusstsein auf, bestimmte Rechte zu haben, mitbestimmen zu können", so die Kinderbuchautorin. Das möge in manchen Familien "auch mal überhandnehmen, aber das ist eine Erfahrung, die meiner Generation weitgehend fehlt. Wir hatten bei Tisch still zu sein, wurden kaum nach unserer Meinung gefragt", sagte Boie der Wochenzeitung "Die Zeit".
Quelle: dts Nachrichtenagentur