Kultursoziologe: Ohne Rockmusik würde unsere Gesellschaft schlechter aussehen
Archivmeldung vom 19.02.2018
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.02.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttDer Kultursoziologe Frank Hillebrandt weist der Rock- und Popmusik eine zentrale Rolle für das Protestjahr 1968 zu. "Rockmusik ist der Soundtrack des Protestes", sagte der Wissenschaftler, der an Fernuniversität Hagen lehrt, in einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Insbesondere der Einsatz der E-Gitarre habe jenen Sound der Respektlosigkeit erzeugt, der für die Haltung der 68er repräsentativ geworden sei. Hillebrandt verwies dabei insbesondere auf Jimi Hendrix sowie den indigenen Musiker Link Wray, dessen Gitarrensolo in "Rumble" schon 1958 die Protesthaltung vorbereitet habe. Das Stück sei, so Hillebrandt, nicht ohne Grund auf dem Index gelandet - als erstes reines Instrumentalstück überhaupt.
Nach Einschätzung des Soziologen, der zu Phänomen der Rock- und Popkultur wie unter anderem der Neuen Deutschen Welle forscht, haben die großen Festivals der sechziger Jahre wie das Monterey Pop Festival von 1967 und das Woodstock Festival von 1969 einen völlig neuen Typus gemeinschaftlichen Erlebens ermöglicht. "Mit den großen Festivals der sechziger Jahre entstehen zum ersten Mal mit der Musik riesige Versammlungen von Menschen. Die haben dann auch das durchschlagende Erlebnis, Viele sein zu können. Das ist bei jeder Protestbewegung entscheidend. Diese vielen Menschen stehen für eine bestimmte Lebenshaltung, die sie verbindet", sagte Hillebrandt. Diese kulturelle Praxis habe die Basis für viele nachfolgende Protestbewegungen gelegt.
Nach Einschätzung des Soziologen ist auch Rockmusik unter den Verwertungsdruck der Kreativindustrie geraten. Dennoch eröffne Rockmusik bis heute vielen Menschen die Möglichkeit, sich anders als im Alltag zu erleben. "Rockmusik hat sicher dazu geführt, dass Menschen über soziale Grenzen hinweg gelernt haben, selbstbewusster aufzutreten. Ohne die Rock- und Popkultur würde unsere Gesellschaft anders, aber vor allem schlechter aussehen", sagte Hillebrandt.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)