Rangliste Pressefreiheit 2005:
Archivmeldung vom 19.10.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.10.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNordkorea ist auch in diesem Jahr Schlusslicht der heute veröffentlichten vierten Rangliste zur weltweiten Situation der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (167. und letzter Rang). Es folgen Eritrea (166.) und Turkmenistan (165.). In diesen Ländern gibt es weder unabhängige Medien noch ist freie Meinungsäußerung möglich. Journalisten können lediglich die Staatspropaganda wiedergeben.
Jegliches Abweichen wird hart geahndet. Ein Wort zu viel, ein
Tippfehler, ein Kommentar, der etwas neben der offiziellen Linie
liegt, können ständige Überwachung, Schikane, oder gar Gefängnis
bedeuten.
In Ost- und Zentralasien sowie im Nahen Osten ist es am
schwierigsten, unabhängig zu berichten. In Myanmar (163. Rang), China
(159.), Vietnam (158.), Usbekistan (155.), Afghanistan (125.), dem
Irak (157.), Syrien (145.) und dem Iran (164.) etwa verhindern
repressive Regierungen oder gewalttätige Übergriffe bewaffneter
Gruppen oftmals eine freie Berichterstattung.
Der Irak ist wegen der zunehmend unsicheren Situation für
Journalisten weiter in der ROG-Rangliste abgerutscht (157. Rang
/2004: 148.). Seit Kriegsbeginn im März 2003 sind dort insgesamt 72
Journalisten und Medienmitarbeiter getötet worden. Allein in diesem
Jahr waren es 24 Medienleute.
Verbessert hat sich die Situation der Medien in einigen
afrikanischen und lateinamerikanischen Staaten: Unter den ersten 50
sind Benin (25./2004: 27.) und Namibia (25./44.), El Salvador (28.),
Kap Verden (29.), Mali (37.), Costa Rica (41.) und Bolivien (45.).
Die westlichen Demokratien sind abgerutscht
Westliche Demokratien mussten einige Ränge in Vergleich zum
Vorjahr einbüßen. So sind die USA um über 20 Ränge zurückgefallen
(44./23.); vor allem weil der Quellenschutz zunehmend untergraben
wird. So trug auch die verhängte Beugehaft gegen New York
Times-Reporterin Judith Miller zur negativen Bewertung bei. Kanada
hat sich ebenfalls um einige Plätze verschlechtert (21./18.). Auch
hier wurden der Schutz von Informanten geschwächt und Journalisten
mitunter zu Handlangern der Justiz gemacht. Frankreich ist von Rang
19 auf Platz 30 zurückgefallen. Hier wurden Redaktionsräume
durchsucht, Journalisten verhaftet und sowie die Liste von
Pressedelikten erweitert.
An der Spitze der Rangliste stehen wie schon im vergangenen Jahr
die nordeuropäischen Länder (Dänemark, Finnland, Irland, Island,
Norwegen, Niederlande). Dort ist die Pressefreiheit fest verankert.
Die zehn Erstplatzierten sind europäische Länder. An der Spitze der
anderen Kontinente stehen Neuseeland (12.) für Australien/Neuseeland,
Trinidad und Tobago (12.) für Amerika, Benin (25.) für Afrika und
Südkorea (34.) für Asien.
Pressefreiheit, wirtschaftliche Entwicklung und Unabhängigkeit
Auch zahlreiche Länder, die erst in den vergangenen Jahren
unabhängig oder wieder unabhängig wurden, respektieren die
Pressefreiheit. Damit widerlegen sie die häufig aufgestellte
Behauptung, der Aufbau einer Demokratie dauere Jahrzehnte. Neun
Staaten aus dieser Gruppe sind unter den ersten 60: Slowenien (9.),
Estland (11.), Lettland (16.), Litauen (21.), Namibia (25.),
Bosnien-Herzogowina (33)., Mazedonien (43.), Kroatien (56.) und
Ost-Timor (58.).
Auch die von Politikern ärmerer und repressiver Länder gerne
vertretene These, nach der die wirtschaftliche Entwicklung eines
Landes unabdingbar sei für Demokratie und Achtung von
Menschenrechten, lässt sich nicht belegen. Es führen zwar überwiegend
reiche Länder die Rangliste an, doch sind auch Länder mit einem
Bruttoinlandsprodukt unter 1.000 US-Dollar (in 2003) unter den ersten
60 zu finden: Benin (25.), Mali (37.), Bolivien (45.), Mosambik
(49.), Niger (57.) und Ost-Timor (58.).
Reporter ohne Grenzen hat für die Rangliste 166 Länder ausgewertet (die USA wurden zweimal gelistet: für das Land selber und das Vorgehen im Irak). Die Menschenrechtsorganisation hat sich mit 50 Fragen zur Situation in den jeweiligen Ländern an ihre Partner (14 Organisationen, die sich weltweit für Pressefreiheit einsetzen) ihr Korrespondenten-Netzwerk und an Journalisten, Rechercheure, Juristen und Menschenrechtler gewandt.
Quelle: Pressemitteilung Reporter ohne Grenzen