Krankheitstage wegen psychischer Erkrankungen erreichen Höchststand
Archivmeldung vom 27.12.2023
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.12.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićPsychische Erkrankungen in der Arbeitswelt nehmen weiter an Bedeutung zu. Die Zahl entsprechender Krankheits- oder Arbeitsunfähigkeitstage (AU) von Beschäftigten ist im vergangenen Jahr auf den neuen Höchststand von 132 Millionen Tagen gestiegen. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion hervor, über die die "Rheinische Post" in ihrer Mittwochausgabe berichten wird.
Demnach betrug die Zahl der AU-Tage wegen psychischer Störungen 2021 noch 126 Millionen, sie lag 2022 mehr als doppelt so hoch wie noch 20 Jahre zuvor. 2002 hatten die Krankenkassen erst 61 Millionen Krankheitstage aufgrund einer erkrankten Seele registriert. "Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer und Verhaltensstörungen bleibt auf hohem Niveau. In den letzten fünf Jahren kam es zu einer Erhöhung von 1,7 Prozent und in den letzten zehn Jahren zu einem Anstieg um 4,8 Prozent", so das Ministerium.
Die Ursachen dafür nennt das Haus von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gleich mit: "Neben gesamtgesellschaftlichen Faktoren wie den Folgen der aktuellen Krisen (u. a. der Covid-19-Pandemie) werden die Ursachen auch in der größer werdenden Offenheit im Umgang mit psychischen Erkrankungen vermutet. Bedingt durch die Krisen sowie anhaltenden Entwicklungen wie Digitalisierung, Dekarbonisierung, dem demografischen Wandel und dem anhaltenden Fachkräftemangel ist die Arbeitswelt in vielen Bereichen besonderen Veränderungsdynamiken ausgesetzt. In der Folge ergeben sich neue Belastungsanforderungen an die Beschäftigten, die die psychische Gesundheit beeinflussen können", so das Ministerium. Während bei Frauen die Zahl der AU-Tage gegenüber dem Vorjahr um 2,7 Prozent auf 77 Millionen gestiegen ist, nahm sie bei Männern sogar um 7,8 Prozent auf 55 Millionen zu, so das Papier.
Die durchschnittliche Ausfallzeit aufgrund psychischer und Verhaltensstörungen liegt mit 32 Tagen auf einem ähnlichen hohen Niveau wie im vergangenen Jahr. Sie ist damit fast drei Mal so hoch wie die Ausfalldauer aller Diagnosegruppen (elf Tage). Überdurchschnittlich hoch ist die Anzahl der Krankheitstage aufgrund psychischer Erkrankungen der Antwort zufolge im Gesundheitssektor, in der öffentlichen Verwaltung sowie in Schulen und Kitas. Mit 42 Prozent ist zudem ein Großteil der vorzeitigen Renteneintritte wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf psychische Belastungen zurückzuführen. Gegenüber 2002 bedeutet das einen Anstieg um 14 Prozentpunkte. Auch die volkswirtschaftlichen Kosten durch psychische und Verhaltensstörungen erreichten 2022 einen neuen Höchststand: Die Produktionsausfallkosten überstiegen mit 17,2 Milliarden Euro den Vorjahreswert um 8,9 Prozent.
"Steigende Arbeitsbelastung, Personalmangel und neue Anforderungen durch Digitalisierung führt zu einer kontinuierlichen Zunahme von psychischen Belastungen. Besonders betroffen sind Beschäftigte in Bereichen wie der Kranken- und Altenpflege, in Kitas oder Schulen", sagte die Linken-Politikerin Susanne Ferschl. "Die Bundesregierung muss endlich handeln, Geld in die Hand nehmen und konkrete Maßnahmen treffen, um den Teufelskreislauf aus Überlastung und Personalmangel zu durchbrechen. Die Linke fordert eine Anti-Stress-Verordnung, flächendeckende Arbeitsschutzkontrollen und Personalbemessungsgrenzen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur