VR-Trick lässt Handprothese körpereigen wirken
Archivmeldung vom 17.08.2018
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittProthesenträger werden in Zukunft das Gefühl haben, die künstliche Hand oder das künstliche Bein gehöre zu ihnen, wie einst die natürlichen Gliedmaßen. Davon ist ein Forscherteam, angeführt von Wissenschaftlern der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne, überzeugt. Denn dem Team ist es gelungen, zwei Handamputierten mithilfe von Virtual Reality (VR) genau diesen Eindruck zu vermitteln.
Das Gehirn lässt sich überlisten
Heutige Prothesen sind schwierig zu nutzen, weil es keine Rückmeldung in Form von Tasteindrücken gibt. Der Patient muss seine Hand ständig beobachten, wenn er sie etwa zum Greifen einsetzt, damit sie genau das tut, was sie soll. "Das Gehirn nutzt normalerweise Sinneseindrücke, die ihm übermittelt werden, um herauszufinden, was zum Körper gehört und was nicht", sagt Giulio Rognini, vom EPFL-Labor für Kognitive Neuroprothetik. "Jetzt haben wir gezeigt, dass die Kombination von Seh- und Tasteindrücken das Gehirn überlisten können, sodass es die eigentlich nicht zum Körper gehörende künstliche Hand als körpereigen ansieht."
Dazu haben die Forscher die Finger einer künstlichen Hand mit Tastsensoren und den Nervenenden im Stumpf verbunden. Dann setzten die Wissenschaftler dem Amputierten eine VR-Brille auf. Darin waren die Bewegungen der Finger zu sehen. Die Kombination von Bild und künstlichem Tastsinn sorgte dafür, dass der Amputierte das Gefühl hatte, die künstliche Hand sei seine eigene. Ein zweiter Patient, der den gleichen Test machte, berichtete das Gleiche - der VR-Trick hat also auch hier das Gehirn überlistet.
Künstliche Hand ersetzt ein Phantom
Viele Menschen, denen Gliedmaßen amputiert worden sind, haben das Gefühl, sie seien noch vorhanden. Die Phantomgliedmaßen können sogar vermeintlich schmerzen und sich bewegen. Die künstliche Hand tritt gewissermaßen an die Stelle des Phantoms - mit dem Unterschied, dass sie tatsächliche Funktionen hat, keine eingebildeten.
Lagfristig könnten die jetzt gewonnene Erkenntnisse zu einer Therapie führen, die Prothesenträgern dauerhaft das Gefühl vermittelt, dass sie praktisch eigene Gliedmaßen benutzen. Das würde ein völlig neues Maß an Lebensqualität bedeuten.
Quelle: www.pressetext.com/Wolfgang Kempkens