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Muskelbildung – auf die richtigen Verbindungen kommt es an

Archivmeldung vom 27.12.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.12.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Die Zellkerne (rot) der Flugmuskeln von Drosophila benötigen den Splicing Regulator Arrest, um die richtigen Bausteine für die kontraktilen Strukturen (die Sarkomere, grün) bilden zu können. Quelle: Bild: Frank Schnorrer / Copyright: MPI für Biochemie (idw)
Die Zellkerne (rot) der Flugmuskeln von Drosophila benötigen den Splicing Regulator Arrest, um die richtigen Bausteine für die kontraktilen Strukturen (die Sarkomere, grün) bilden zu können. Quelle: Bild: Frank Schnorrer / Copyright: MPI für Biochemie (idw)

Unser Körper besitzt verschiedene Arten von Muskeln. Während der Herzmuskel Blut durch die Gefäße pumpt, können wir mit Hilfe der Skelettmuskeln Gewichte stemmen oder einen Marathon laufen. Durch einen speziell angepassten Bauplan sind die einzelnen Muskeln optimal für ihre jeweilige Funktion gerüstet. Diese Anpassungen kommen durch verschiedene Varianten der Protein-Bausteine zustande, die die kontraktilen Muskelmaschinen bilden: die Sarkomere. Forscher am Max-Planck-Institut für Biochemie haben nun anhand von Flugmuskeln der Taufliege Drosophila ein wichtiges Prinzip entdeckt, das erklärt, wie die unterschiedlichen Proteinvarianten in den entsprechenden Muskeln produziert werden.

Jeder Muskel besteht aus Hunderten von kontraktilen Minimaschinen, den sogenannten Sarkomeren. Je nach Art und Eigenschaft des Muskels unterscheiden sich diese Maschinen in ihrem molekularen Aufbau. Diese verschiedenen Varianten der Sarkomere wirken sich auf die Kontraktionsgeschwindigkeit oder die Kraft der Muskeln aus. Die Flugmuskeln der Taufliege Drosophila etwa müssen extrem schnell kontrahieren (200 Mal pro Sekunde), um ihnen das Fliegen zu ermöglichen. Wissenschaftler um Frank Schnorrer haben dieses Fliegenmodell untersucht, um zu klären, wie die unterschiedlichen Kompositionen der Sarkomere zustande kommen.

„Wir konnten zunächst zeigen, dass in der schnellen Flugmuskulatur mehr als 700 Proteine in einer anderen Variante vorlagen als in der langsamen Beinmuskulatur“, berichtet Maria Spletter, die Erstautorin der Studie. „Die verschiedenen Proteinvarianten bilden also Sarkomere mit unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften.“ Was den Wissenschaftlern besonders auffiel: oft gingen die unterschiedlichen Proteinvarianten auf das gleiche Gen zurück. Die Gene beinhalten die Baupläne für Proteine. Vereinfacht gesagt, wurde also der Bauplan für das spätere Protein unterschiedlich interpretiert. Dies geschah durch einen Mechanismus, den Forscher als „alternatives Splicing“ bezeichnen: Gene bestehen aus mehreren kleinen Einheiten, den Exons, die von der Zelle abgeschrieben, zusammengeklebt und dann in ein Protein übersetzt werden. Alternatives Splicing bezeichnet das unterschiedliche Zusammenkleben von mehreren Exons und führt so zu verschiedenen Proteinvariationen des gleichen Gens.

Bis zum Zerreißen gespannt

Doch woher weiß der Flugmuskel, welche Varianten der Proteine er nun benötigt? In weiteren Untersuchungen identifizierten die Wissenschaftler ein Protein mit dem Namen „Arrest“, was die richtigen Exons erkennt und aneinanderklebt. „Wenn die Funktion von Arrest gestört ist“, so Spletter, „werden im Flugmuskel die falschen Exon-Kombinationen zusammengeführt und so Proteinvarianten gebildet, die sonst nur in Beinmuskeln vorkommen.“ Die Folgen sind dramatisch: die Fliegen können nicht mehr fliegen und schlimmer noch, ihre Flugmuskeln werden durch eine zu starke Kontraktion sogar in Stücke gerissen.

Und auch für uns Menschen könnten diese Ergebnisse von Bedeutung sein. „Arrest-verwandte Proteine kommen auch in den Muskeln von Säugetieren vor, daher könnte dieser Mechanismus auch beim Menschen eine Rolle spielen“ schlägt Schnorrer die Brücke. Die Entdeckung des neuen Mechanismus‘ wirft also weitere Fragen auf, denen sich die Forscher in Zukunft widmen werden. Sie wollen klären, wie alternatives Splicing bei Sarkomer-Proteinen zu einem gesunden oder kranken Muskel führt.

Quelle: Max-Planck-Institut für Biochemie (idw)

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