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Mögliche Ursache für tödliche Herzrhythmusstörungen entdeckt

Archivmeldung vom 24.11.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.11.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Immunologische Färbung einer Herzmuskelzelle. Foto: Maier
Immunologische Färbung einer Herzmuskelzelle. Foto: Maier

Wissenschaftler am Bereich Humanmedizin der Universität Göttingen beschreiben ein neuartiges Zusammenspiel von Proteinen im Herzen als mögliche Ursache für tödliche Herzrhythmusstörungen.

Elektrokardiogramm einer Maus mit vermehrtem CaMKII-Protein im Herzen. Foto: Maier
Elektrokardiogramm einer Maus mit vermehrtem CaMKII-Protein im Herzen. Foto: Maier

Die Forschergruppe unter der Leitung von Priv. Doz. Dr. Lars S. Maier, Abteilung Kardiologie und Pneumologie (Direktor: Prof. Dr. Gerd Hasenfuß) im Herzzentrum des Bereichs Humanmedizin Göttingen hat entdeckt, dass die Natrium-Kanäle, die entscheidend für die elektrische Aktivität des Herzmuskels sind, auch durch das Protein CaMKII (Kalzium/Calmodulin-abhängige Proteinkinase II) reguliert werden. Das Ergebnis könnte die Grundlage für die zukünftige Behandlung schwerer Herzrhythmusstörungen sein. Das gilt vor allem bei der chronischen Herzmuskelschwäche, bei der CaMKII vermehrt in den Herzmuskelzellen vorkommt. Die Arbeit entstand in Kooperation mit Arbeitsgruppen in Münster, Würzburg, Chicago und San Diego und erscheint am 22. November 2006 in der renommierten Fachzeitschrift Journal of Clinical Investigation.

"Unsere Ergebnisse zeigen erstmals, dass der Natrium-Kanal durch das Kalzium-abhängige Protein CaMKII reguliert wird. Dadurch ändert sich die Funktion des Kanals. Das Ergebnis ähnelt einer Kombination aus dem Long QT-Syndrom und dem Brugada-Syndrom, zwei Erkrankungen beim Menschen mit Gefahr des plötzlichen Herztods", so Priv. Doz. Dr. Lars S. Maier.

Das Eiweiß CaMKII-delta war bisher nur als Regulator von Kalzium-Kanälen bekannt. Das jetzt beobachtete Zusammenspiel der CaMKII mit dem Natrium-Kanal am Herzmuskel könnte eine Erklärung dafür sein, warum Patienten mit Herzschwäche, bei denen eine erhöhte CaMKII-Aktivität beobachtet wird, häufiger unter Herzrhythmusstörungen und Herzkammerflimmern leiden. Um ihre Vermutung zu testen, haben die Wissenschaftler bei Mäusen künstlich die Menge an CaMKII-Eiweißen im Herzmuskel erhöht, woraufhin die Tiere Herzschwäche entwickelten. In weiteren Untersuchungen bestätigte sich, dass das Protein CaMKII direkt mit dem Natrium-Kanal im Herzgewebe interagiert und ihn reguliert.

"Wir haben die CaMKII zunächst in Herzen von Mäusen aber auch in Herzmuskelzellen von Kaninchen vermehrt. Mit Hilfe von Patch-Clamp-Elektrophysiologie beobachteten wir eine komplexe Fehlregulation des Natrium-Stroms durch den Natrium-Kanal. Mit Fluoreszenzfarbstoffen konnte dann ein erhöhter Natrium-Gehalt in den Zellen nachgewiesen werden. Mit weiterführenden biochemischen Analysen konnten wir eine räumliche Nähe der CaMKII zu dem Natrium-Kanal nachweisen", so Dr. Stefan Wagner, Haupt-Experimentator der Arbeit. "Der Natrium-Kanal wird direkt von der CaMKII phosphoryliert", sagt Dipl. Biol. Nataliya Dybkova, die ebenfalls zu der Göttinger Arbeitsgruppe gehört.

Das Forschungsprojekt wurde wesentlich durch das Emmy Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert sowie von dem Forschungsförderprogramm der Medizinischen Fakultät des Bereichs Humanmedizin der Universität Göttingen.

Der Natrium-Kanal des Herzens dient als "Taktgeber" für die normale elektrische Erregung des Herzens, indem er unter anderem das so genannte Aktionspotential im Herzmuskel initiiert. Bei Störung der Funktion dieses Kanals kann es zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen bis hin zu Kammerflimmern kommen. In den letzten Jahren sind mehrere Ursachen von Fehlregulationen dieses Natrium-Kanals entdeckt worden, darunter Veränderungen in den Genen, die für diesen Kanal kodieren. Zwei Erkrankungen sind das "Long QT-Syndrom" und das "Brugada-Syndrom", die mit einer deutlich erhöhten Gefahr des plötzlichen Herztods durch Kammerflimmern einhergehen.

Etwa zwei Millionen Menschen sind in Deutschland an Herzmuskelschwäche erkrankt. Die Aussicht auf Heilung ist, fast wie bei vielen Krebserkrankungen, sehr gering. Nur jeder dritte bis vierte Patient lebt noch fünf Jahre nach dem ersten Auftreten der Symptome. Die Hälfte der Betroffenen stirbt, weil das Herz zu schwach pumpt, die andere Hälfte an der Folge von Herzrhythmusstörungen.

Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.

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