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Nadeln machen Herzpatienten belastbar

Archivmeldung vom 23.06.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.06.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Akupunktur Bild: en.wikipedia.org
Akupunktur Bild: en.wikipedia.org

Akupunktur kann die Belastbarkeit von Patienten, die an einer chronischen Herzschwäche leiden, deutlich verbessern. Das stellte die Arbeitsgruppe von Dr. Johannes Backs, Arzt und Studienleiter an der Klinik für Innere Medizin III (Kardiologie, Angiologie, Pneumologie – Ärztlicher Direktor: Professor Dr. Hugo Katus) des Universitätsklinikums Heidelberg im Rahmen einer klinischen Studie fest.

 Die Nadeln steigern zwar nicht die Schlagkraft des Herzens, beeinflussen aber offensichtlich die Skelettmuskelarbeit und verlängern so zum Beispiel die zurücklegbare Wegstrecke. Die Ergebnisse der klinischen Studie, die mit einer plazebo-akupunktierten Vergleichsgruppe mit stumpfen Nadeln durchgeführt wurde, sind in der hochrangigen Fachzeitschrift „Heart“ veröffentlicht.

Akupunktur beeinflusst vegetatives Nervensystem

Die chronische Herzmuskelschwäche ist eine der häufigsten Erkrankungen und Todesursachen in Europa. Patienten mit dieser Erkrankung leiden vor allem unter ihrer verminderten Leistungsfähigkeit. Luftnot und leichte Ermüdbarkeit bei körperlichen Belastungen kennzeichnen das Krankheitsbild.

Die Krankheit ist sehr viel komplexer, als zunächst vermutet wurde. Nicht nur die nachlassende Pumpfunktion des Herzmuskels ist für die Symptomatik verantwortlich. Auch das sogenannte vegetative Nervensystem und verschiedene Nerven-Überträgerstoffe geraten aus dem Gleichgewicht, was den Krankheitsverlauf weiter verschlechtert. Genau da greift die Akupunktur an, indem sie diese Prozesse wieder ausbalanciert: Sie beeinflusst das vegetative Sympathikus-System (Erregung), fördert den Parasympathikus (Erholung) und wirkt zudem entzündungshemmend. Ob sie dadurch auch solch lebensbedrohliche Erkrankungen wie die Herzinsuffizienz beeinflussen kann, wurde bisher kaum untersucht.

Nadeln gegen die Erschöpfung

Die Wissenschaftler untersuchten Patienten mit Herzschwäche, die mit den üblichen Medikamenten behandelt wurden und in einem stabilen Zustand waren. Zusätzlich erhielt die Akupunkturgruppe zehn Sitzungen, in denen Akupunkturpunkte genadelt wurden, die sowohl laut Traditionell Chinesischer Medizin allgemein Kraft geben, die gleichzeitig aber auch dafür bekannt sind, den Sympathikus, Parasympathikus und Entzündungsmarker zu beeinflussen. Die Kontrollgruppe wurde mit speziellen Placebonadeln behandelt, die einen Nadelstich zwar simulieren, die Haut aber nicht durchdringen. Die Akupunktur-Patienten legten nach dieser Therapie eine längere Wegstrecke in der vorgegebenen Zeit zurück als die Placebo-Patienten. Sie erholten sich schneller und fühlten sich subjektiv weniger erschöpft. Die messbare Leistungsfähigkeit des Herzens veränderte sich dagegen nicht.

Entzündungsbotenstoffe machen Muskeln müde

Aus anderen Studien ist bereits bekannt, dass die Belastbarkeit der Herzpatienten unabhängig von der Pumpfunktion des Herzens ist. Vielmehr scheint die leichte Ermüdbarkeit primär von den Muskeln auszugehen. Entzündungs-Botenstoffe sind bei der chronischen Herzinsuffizienz im Blut erhöht und machen die Muskeln müde. Sie aktivieren sogenannte Ergorezeptoren im Muskel, die dem Körper signalisieren, dass der Muskel die Belastung nicht weiter aufrecht erhalten kann. „Tatsächlich verringerte sich der Blutspiegel eines bestimmten Botenstoffes Tumor necrosis factor alpha, TNF alpha, drastisch nach der echten Akupunkturbehandlung. Da TNF alpha unter anderem zur Abnahme von Muskelmasse und Muskelkraft führt, müsste sich das positiv auf die Skelettmuskelarbeit ausgewirkt haben“, erklärt Dr. Arnt Kristen, einer der Autoren der Studie.

Langfristig bessere Prognose durch Akupunktur?

„Die meisten Studien zur Wirksamkeit von Akupunktur haben methodische Schwächen, da Placebo-Kontrollen fehlen und die Studienteilnehmer nicht „verblindet“ sind. Das heißt, die Patienten wissen, welche Therapie sie erhalten und knüpfen eventuell entsprechende Erwartungen daran“, so Backs. „In unseren Untersuchungen haben aber alle Patienten geglaubt, eine „echte“ Akupunktur erhalten zu haben.“ Eine spannende Frage für die Zukunft wird sein, ob sich durch die relativ kostengünstige Akupunktur auch langfristig die Prognose der Herzpatienten verbessert.

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg

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