BKK befürchtet für die Zukunft mehr Keim- als Krebstote in Deutschland
Archivmeldung vom 26.10.2015
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.10.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Mehr Keim- als Krebstote in Deutschland" befürchtet der BKK-Landesverband Nordwest in Essen für die Zukunft. Es sei "höchste Zeit, der steigenden Gefahr durch Krankenhauskeime effektiv und schnell zu begegnen", warnt die Betriebskrankenkasse gegenüber der in Essen erscheinenden Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ). Die BKK Nordwest spricht für 3,2 Millionen Versicherte, davon 2,6 Millionen allein in NRW.
Im Gespräch mit der WAZ forderte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Dirk Janssen schärfere Meldepflichten und ein bundesweites Keimregister, ähnlich dem Krebsregister. "Wir brauchen dringend standardisierte Daten, auf die die Wissenschaftler und Akteure im Gesundheitswesen zurückgreifen können." Bislang sei die Datenlage "unklar und spekulativ".
Schätzungen über die Zahl der Opfer von Keiminfektionen schwanken. Das Bundesgesundheitsministerium spricht von 7500 bis 15.000 Todesfällen, die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) von bis zu 40.000 Keimtoten. An Krebs sterben bundesweit rund 220.000 Menschen jährlich.
"Dramatisch" erscheint dem BKK-Vize die Zahl der Keiminfektionen. 580.000 Fälle, die Kliniken zuletzt abgerechnet hätten, hält Janssen für "die absolute Untergrenze". Angesichts einiger Dunkelzonen, etwa in der Pflege, seien "bis zu eine Million Infektionen wesentlich realistischer". Sie würden "zum Teil lebenslange gesundheitliche Probleme und immense Folgekosten auslösen, die gar nicht erfasst werden".
Die Krankenhaushygiene müsse stärker durch die Gesundheitsämter und den Medizinischen Dienst der Krankenkassen überwacht werden - die Einhaltung von Hygieneplänen durch unangemeldete Kontrollen. Zudem regt die BKK die bundesweite Einführung von Hygiene-Prüfsiegeln an, als Orientierungshilfe für Patienten. Janssen fordert "einen offenen Qualitätswettbewerb bei der Klinikhygiene, mit allgemein gültigen Regeln und finanziellen Zu- oder Abschlägen bei gutem oder schlechtem Infektionsschutz".
Kritisch sieht die BKK Nordwest den Antibiotika-Einsatz in der Tiermast. Der liege mit 1400 Tonnen doppelt so hoch wie in der Humanmedizin. Dadurch würden Resistenzen beim Patienten gefördert. Reserveantibiotika in der Mast sollten tabu sein und verboten werden. Der Zehn-Punkte-Plan von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sei "ein erster, notwendiger Schritt" im Kampf gegen Keime, "aber noch nicht ausreichend konkret".
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (ots)